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F-LOG-GE

Das geringere Übel

Webseiten sind inhärent flexibel und anpassungsfähig. Das ist gut so, denn wir wissen schliesslich nicht, mit welcher technischen Umgebung und mit welchen persönlichen Ansprüchen ein Nutzer unsere Seite besucht. Diese Flexibilität hat unsere Arbeit schon immer komplizierter gemacht, als die Arbeit für Print. In der Vergangenheit haben wir uns oft in dieser Hinsicht selber betrogen, indem wir Webseiten fixiert haben und die flexible Natur des Webs damit leugneten.

Responsive Webdesign führt uns wieder zu der flexiblen Natur zurück und ist schlicht eine Reaktion auf die mittlerweile grosse Bandbreite genutzter Endgeräte. Jetzt wird so richtig deutlich, dass wir für viele Ansprüche keine gute technische Lösung haben. Zum einen, weil es definitiv noch keine Lösung gibt - wie bei der Einbindung von Bildern -, zum anderen weil die grosse Verbreitung alter, unfähiger Browser eine elegante Lösung erschwert.

Ich empfinde es immer als eine Niederlage, wenn wir uns in Situationen von JavaScript abhängig machen, wo diese Technik nichts verloren hat. Doch oft kommen wir nicht darum herum. Schon früher galt, dass es mit steigendem technischen Anspruch des Projektes schwieriger wird, saubere Lösungen für alle auftretenden Probleme zu finden. Wir müssen uns damit abfinden, dass wir oft nur die Wahl zwischen unterschiedlichen Übeln haben. Es ist dann an uns und dem Kunden, das geringere Übel zu definieren. Dieses ist schwerlich objektiv messbar. Nehmen wir als Beispiel eine Technik, die ein Fallback für SVGs in Browser implementieren soll, die mit dieser Technik nichts anfangen können. Die vorgeschlagene Lösung war einfach nutzbar, benötigte kein JavaScript und lieferte alten IEs und alten Android-Browsern ein PNG als Fallback.

Chris Coyiers zeigt nun, dass die Lösung elegant sein mag, aber zu unnötigen Requests in manchen Browsern führt. Wir müssen uns also zwischen zwei Übeln entscheiden: nehmen wir unnötige Requests - seien sie auch nur ganz kurz - für manche Nutzer in Kauf oder verlassen wir uns lieber auf eine Feature-Detection mittels JavaScript und machen uns von dieser Technik abhängig, obwohl JavaScript mit dem zu lösenden Problem nichts zu tun hat?

Wir stehen oft vor der Wahl zwischen zwei oder mehr Übeln. Und in jedem Projekt wird "Übel" von neuem definiert. Wir müssen und nur darüber im Klaren sein, dass dies so ist und wahrscheinlich immer so sein wird. Es wir immer so sein, weil unsere Ansprüche immer den technischen Realitäten voraus sein werden. Und weil wir immer eine Mischung aus Browsern mit vollkommen unterschiedlichen Fähigkeiten gegenüberstehen werden. All das müssen wir unseren Kollegen und Kunden kommunizieren.

Dies ist ein Archiv meines alten Weblogs, das von Oktober 2006 bis Dezember 2022 als Wordpress-Instanz existierte.