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F-LOG-GE

Missverständnis Framework

Vor kurzem veröffentlichte das britische .net magazine ein Interview mit ein paar anglo-amerikanischen Web-Celebrities. Es ging um ihren Ansatz für responsive Webdesign. Eine der Fragen war, ob sie ein Framework nutzen würden. Eine unbeholfene Zustimmung war zu verzeichnen, aber meist war Ablehnung die Antwort.

Typisch ist die Antwort von Brad Frost. Er wolle sich nicht die Vorgehensweise eines anderen zu Eigen machen. Und er wäre evtl. nicht in der Lage, mit einem Framework das Gewünschte zu erreichen.

So in der Art höre und lese ich immer wieder Statements zu CSS-Frameworks. Akzeptiert werden sie hingegen im Bereich JavaScript, App-Erstellung oder bei serverseitigen Skriptsprachen. Da beschwert sich auf einmal niemand, dass man sich auf eine fremde Notation einlassen müsse. Warum ist die “not invented here”-Manie in Sachen HTML und CSS so verbreitet?

Ich bin ein überzeugter Framework-Nutzer. Ich nutze seit dem Beginn meiner Selbständigkeit YAML. Bei meinem letzten Arbeitgeber hatte ich mir eine Art Framework für die überschaubaren Grid-Konstrukte selber geschrieben. Das kann recht schnell gehen. Doch mittlerweile geniesse ich, dass ich einfach nur Regeln anwenden muss und schon funktioniert alles. Und es ist auch noch bis hinunter zum IE6 getestet.

Und trotzdem möchten die meisten meiner Bekannten lieber immer wieder alles selber schreiben. Ich hoffe, sie haben auf die eine oder andere Art ein eigenes Framework. Denn wenn sie bei jedem Projekt aufs Neue ein Grid konstruieren oder über die Fallstricke eines dreispaltigen Layouts sinnieren, dann verschwenden sie unnötig ihre Zeit und Geld ihres Kunden.

Gerne wird davon gesprochen, Frameworks sein so aufgeblasen, man würde so viel unnötiges Zeug mitnehmen. Für einzelne Frameworks mag das gelten. Speziell für die UI-Frameworks wie Bootstrap wird das gelten. Aber mittlerweile besitzen wir praktische Techniken, um eine sinnvolle Selektion aus einem grossen Ganzen zu erstellen. YAML bietet sie all denjenigen, die Sass nutzen.

Frameworks sind Werkzeugkästen, keine fertigen Bausätze. Sie ermöglichen uns eine einfache und effektive Arbeit. Sie sollten aber immer auf Herz und Nieren geprüft werden. Ich bin beispielsweise gespannt zu erfahren, auf welche Weise jemand ein dreispaltiges Layout oder ein individuell erweiterbares Gridkonstrukt effektiver und schmaler hinbekommen kann, als dies bei YAML der Fall ist. Ich fürchte, dass dies nicht geht.

So bleibt als einziger Kritikpunkt, dass man sich die Klassenbenamung eines anderen zu eigen machen muss. Als Kritik finde ich das nicht besonders erwachsen. Die Kritiker vergessen dabei, dass Frameworks eine Dokumentation besitzen, wie gross oder schmal sie auch sein mag. Gibt man seine Arbeit weiter oder holt neue Leute ins Team, hilft diese Dokumentation ungemein.

Niemand benötigt für Webentwicklung ein Framework. Trotzdem sind diese Codesammlungen ein Beitrag für effektives Arbeiten. Sie ermöglichen es uns, früher mit unserer eigentlichen Arbeit, der Lösung individueller Designideen, zu beginnen. Es ist wie mit einem CMS: natürlich kann man sich für jedes Projekt ein eigenes schreiben, manchmal erscheint dies auch angebracht. Effektiv ist dies aber nicht.

Dies ist ein Archiv meines alten Weblogs, das von Oktober 2006 bis Dezember 2022 als Wordpress-Instanz existierte.