Optimieren - Ausgabe 2012
Als ich kurz vor der Jahrtausendwende beruflich im Internet anfing war "optimiert für ..." eine ganz normale Randnotiz. Die Zeiten änderten sich und wir begriffen, dass wir nichts optimieren sollten. Stattdessen bügelten wir die Fehler vor allem des IE aus. Das war keine Optimierung, eher Reparatur.
Dank der vielen mobilen Endgeräte und vor allem der ganzen i-Geräte befinden wir uns wieder in einer Optimierungsphase. Die Kunden und Kundenberater haben entweder nichts gelernt oder sind vergesslich. Jetzt müssen wir für das iPad optimieren, natürlich in zwei Varianten: einmal in Bezug auf Größe und Bedienbarkeit und einmal für das Retina-Display.
Dabei wird vergessen, dass die i-Geräte nur eine laute Minderheit sind. Deren Marketing ist laut und liegt in einer Hand. Bei Android, dem eigentlichen Marktführer, liegt es in vielen Händen und ist wesentlich dezenter. Doch der Kunde sieht nur sein eigenes iPad (oder das seiner Tochter/Frau/seines Sohnes ...) und in der Designagentur will man sich ohne Apple eh nicht erwischen lassen. Also fixieren wir uns wieder auf ein Produkt, statt uns eines generellen Problems anzunehmen. Das wird auch noch verschlimmert durch die ganzen media-querie-Sammlungen, die Dimensionen immer mit bestimmten Geräten gleichsetzen. Es ist die falsche Denkweise. Wir sollten nicht "optimiert für IE 5 mit einer Bildschirmauflösung von 1024x768 Pixeln" durch @media screen and (max-width: 1024) { /* für das iPad */}
ersetzen. Wenn wir einen Media-Querie einsetzen, sollte dies layouttechnische Gründe haben. Sie mit einem Gerät zu begründen führt zu mehr Problemen, als es löst.
Es sollte nicht so schlimm sein, wenn wir das iPad-Mini nicht erkennen können. Wir sollten nicht für Geräte arbeiten. Das Gerät sollte sich unser Design so anpassen, wie es dies benötigt. Serverseitige Detections scheinen mir sowieso nicht immer besonders hilfreich zu sein. Denn mit meinem Nexus 7 werde ich häufig auf mobile Webseiten geschickt, manchmal ohne die Chance auf eine Vollversion. Dabei ist die Auflösung meines Nexus höher als die meines iPad 2 oder die des iPad mini.
Die Fixierung auf Endgeräte und der Gedanke der "Optimierung" für einzelne dieser Geräte ist zum Scheitern verurteilt. Luke Wroblewski hat die unterschiedlichen Endgeräte aufgelistet, die von Anfang September bis Ende Oktober diesen Jahres verkauft wurden. Eine imposante Zahl, die die Diversität des Marktes vor Augen führt. Eine Optimierung in eine Richtung würde immer eine Benachteiligung an anderer Stelle nach sich ziehen. Und wie wollen wir diese rechtfertigen?
Es gibt nur eine vernünftige Lösung: Lasst los! Akzeptiert endlich, dass das Internet ein flexibles Medium ist! Man kann die Darstellung seiner Inhalte nur marginal kontrollieren. Eigentlich kann man sie überhaupt nicht kontrollieren, denn der Geübte findet schnell Wege, um sein eigenes Layout zu erstellen. Und der Ungeübte verzweifelt, wenn er mit einem Endgerät daherkommt, für das dummerweise nicht "optimiert" wurde, das deshalb aber Nachteile zu erleiden hat. Wer die vollständige Kontrolle über sein Design haben will, sollte sich vom Webdesign verabschieden und zum Printdesign überwechseln.
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