Wird Edge eingestellt?

Heute meldet die Seite „Windows Central“, dass Microsoft Edge einstellen will und stattdessen einen Chromium-basierten Browser veröffentlichen will. Die Meldung basiert nur auf Gerüchten, es gibt keine offizielle Stellungnahme.

Die Reaktionen in der Twitter-Welt changieren zwischen Begeisterung, Entgeisterung und Trauer. Auf alle Fälle hat es niemand kommen sehen. Und so lange ich keine offizielle Bestätigung von Microsoft lese, glaube ich auch noch nicht daran.

Machen wir uns nichts vor: durch die Einstellung von Edge würde kein Problem gelöst. Aus Frontend-Sicht ist der IE sowieso kaum noch ein echtes Problem. Bis auf die wenigen bedauernswerten Kollegen, die sich tatsächlich noch mit dem IE8 herumschlagen müssen. Anfang 2017 war jemand in einer meiner Schulungen auf den HTML5-Days, der sich sogar noch um den IE6 kümmern musste.

Im Normalfall beginnt die Browsermatrix aber doch beim IE10. Sicher können Chrome und Firefox mit mehr HTML5-APIs und CSS-Eigenschaften dienen, als der IE und selbst der Edge. Aber mit einer guten Progressive-Enhancement-Strategie wird man dieser Sachlage in den meisten Fällen Herr.

Es bleibt nicht aus, dass man manchmal den Projektbeteiligten die Realität erklären muss und bei den Features oder Designdetails für manche Browser Abstriche machen muss. Das war schon immer der Job eines Frontend-Entwicklers und wird es auch immer bleiben.

Wenn Edge eingestellt werden würde, hätten wir mittelfristig nichts gewonnen, denn das eigentliche Problem heisst IE und bleibt so lange, bis die IT großer Unternehmen und Behörden endlich auf eine Alternative umstellen. Die muss sich genauso einfach administrieren lassen. Firefox scheint dieser Kandidat zu sein, jetzt müssen auch nur noch alle verstaubten IT-Abteilungen frischen Wind in die Firma lassen. Wir sind in Deutschland, also dauert das noch seine Zeit.

Das eigentliche Problem entstünde erst durch den Tod von Edge, denn wir hätten eine sehr eingeschränkte Auswahl. Es gäbe nur noch Firefox als echte Alternative gegen das Webkit-Blink-Chromium-Konglomerat. Und Mozilla ist wirtschaftlich von Google durch Werbeeinnahmen abhängig. Das Horrorszenario wäre das Verschwinden des Firefox. Dann hätten wir nur noch eine Browserengine aus einer Richtung.

Und mache sich bitte keiner vor, wir hätten dann einen Einheitsbrowser. Die Engines haben zwar den gleichen Ursprung, sie unterscheiden sich trotzdem. Und es gibt sie in vielen unterschiedlichen Versionen. Mein letzter Stand war, dass wir über ein Dutzend Chromium-Webkit-Engines auf mobilen Endgeräten haben. Und der neue IE6 heisst Safari. Denn schliesslich macht Apple nur hin und wieder und dann sehr zaghaft bei der Innovation mit. Die sind schon lange in der Position, in der Microsoft war, als sie mit dem IE6 den Browserkrieg gewonnen hatten. Apple ist ein Hemmschuh, schon lange kein Innovator mehr.

Firefox als einziges Korrektiv gegen die Übermacht von Google und Apple steht auf verlorenem Posten. Es wäre hingegen besser, wir würden bei Freunden und Bekannten und bei der IT von Kunden für die Nutzung des Edge werben, damit der endlich eine vernünftige Nutzerzahl bekommt. Wettbewerb ist wichtig, sonst gewinnt evtl. noch Google mit seinem AMP-Projekt und ein offenes Web stirbt endgültig.

Microsoft hat in der Vergangenheit viele Fehler gemacht, aber mit Edge gezeigt, dass sie neu beginnen wollen. Der Laden ist aber so gross, dass sie es offenbar nicht hinbekommen, ihre eigenen Produkte perfekt mit ihrem eigenen Browser laufen zu lassen. Sharepoint arbeitet nur mühsam und unvollständig mit Edge zusammen. Daran sollten sie vertsärkt arbeiten, anstatt die gute Arbeit der Edge-Entwickler in die Tonne zu treten. Damit das Web nicht zu einer von Google und Apple kontrollierten Veranstaltung wird.

Es würde dadurch nicht besser, denn Chrome wäre Safari immer um mindestens ein Jahr (wenn nicht gar drei) voraus. Es sei denn, bei Apple wechselt die Firmenführung und sie nehmen ihre Produkte und Kunden mal wieder ernst. Das ist aber nicht abzusehen.

Ich hoffe, es handelt sich bei der oben zitierten Meldung nur um ein Gerücht. Dann hätte ich viele Worte um Nichts gemacht. Das wär gut.

2 Kommentare

  1. Hi, danke für die vielen Worte. Hätte es nicht besser schreiben können. Ein verkleinertes Feld an Browser-Engines halte ich auch nicht für wünschenswert. Innovation regt sowas jedenfalls nicht unbedingt an.

  2. Gerade hatte ich bei einer Gridgeschichte eine unterschiedliche Darstellung in Firefox und Chrome. Hab dann im Edge getestet, um zumindest einen Hinweis zu bekommen, was wahrscheinlich von beiden das richtige sein sollte. Unangenehmer Gedanke, dass das in Zukunft bei neuen Features nicht mehr möglich sein wird. Es braucht einfach mehrere Browserengines, damit die Weiterentwicklung vernünftig weitergeht.