Die Bundestagswahl ist endlich vorbei und alle reiben sich die Augen. Der über viele Jahre schon begeleitete und prognostizierte Abschied von der „Volkspartei“ muss wohl endgültig konstatiert werden. Die SPD ist mit ihren 20% definitiv keine Volkspartei mehr und die Union kommt auch nur auf knapp mehr als 30%. Das ist zu wenig, um eine großflächige Repräsentanz zu beanspruchen. Eine Koaliton zwischen CDU/CSU und SPD könnte nur noch aus Gründen der Sentimentalität und Ideenarmut der Journalisten eine „Große Koalition“ genannt werden.

Die SPD hat Westerwelles „Projekt 18“ fast realisiert. Wären da Ehrenleute am Werk, würde man vermuten, dass es Rücktritte hagelt. Doch es ist nur der Postillion der titelt: „SPD-Führung übernimmt Verantwortung für Wahl-Desaster und tritt geschlossen zurück„. Heribert Prantl meint in der SZ, die Opposition sei für die SPN nicht Mist, sondern Muss. Auch bei der CSU ist das mit der Verantwortung so eine Sache. Seehofer hat sie „übernommen“, aber er wartet noch immer auf den Königsmörder. Selber zu gehen lässt sein Ego offenbar nicht zu. Nun, in der CSU muss man nach krachenden Wahlniederlagen selten lange auf den Königsmörder warten. Der für den CDU-Wahlkampf zuständige Vorstand der Agentur „Jung von Matt“ sieht in einem Artikel seine Arbeit als gescheitert an.

Martin Rupp kommentiert beim SWR das Wahlergebnis und läutet schon gleich das Ende der „Berliner Republik“ ein. Wohl weil nun auch im Bundestag eine rechtsradikale Partei sitzt, die von Journalisten gerne als „rechtspopulistisch“ verharmlost wird. Am Ende seines Kommentars kommt er auf eine Idee, die mir meine wenigen Haare zu Berge stehen lässt: Merkel hält die Legislaturperiode nicht durch, ihr Nachfolger wird zu Guttenberg. Ausser dieser Pointe finde ich den Kommentar durchaus bedenkenswert.

Den Wahlabend habe ich meist vor Phoenix verbracht. Die schaffen es wenigstens, längere Interviews mit interessanten Fragen zu stellen. Bei ARD und ZDF sind die Interviews selten länger als eine Minute. Hektik ist dort normal. In der ZEIT schreibt Matthias Dell recht gut über den Wahlabend im TV. Er thematisiert auch, dass die AfD vor allem durch die öffentlich-rechtlichen Talkshows am Leben gehalten wurde. Die Elefantenrunde habe ich mir geschenkt. Die ist normalerweise der Gipfel der Unerträglichkeit. Dann lieber einen schönen aufgenommenen Krimi schauen.

Schliesslich ist am Wahlabend ja nur das Ergebnis wirklich interessant. Die verbalen Ausdünstungen der diversen Politiker sind doch wirklich uninteressant. Wie sollen sie so kurz nach Schliessung der Wahllokale etwas über Koalitionsverhandlungen oder die eigene Zukunft sagen? Ausser man weiss wie Frauke Petry, dass man den Vorstandskollegen einen verbal in die Fresse hauen will.

Da eine rechtsradikale Partei nun drittstärkste Kraft im Bundestag ist, wird sicherlich wieder der alte Reflex in der CSU und Teilen der CDU aufbrechen, deren Themen zu adaptieren. So wird auch eine mögliche Jamaika-Koalition kein Garant für die Wiederherstellung und Sicherung unserer Grund- und Bürgerrechte sein. Die FDP beispielsweise hat nichts mehr mit der alten, grundrechts-sensiblen FDP von Leutheusser-Schnarrenbeger und Baum gemein. Deshalb ist es umso wichtiger, ausserparlamentarische Akteuere zu stärken, die den Mächtigen auf die Finger schauen, Agenda setzen und die Journalisten vor sich her treiben können. Als Erstes fällt mir dazu Netzpolitik.org ein. Sie sind für mich ein unersetzlicher Akteur für den Schutz unserer Grundrechte. Ich lese bei weitem nicht alle Artikel, es sind zuviele, aber die Arbeit dieser Seite ist wichtig. Selbst eine kleine Spende hilft, wenn viele diese geben. Mein Freund Michael Kühnel empfiehlt noch folgende Akteure: