Stefan Evertz schreibt von seinem ersten BarCamp und ruft im Sinne einer Blogparade auf, es ihm gleich zu tun. Da reihe ich mich doch sehr gerne in die illustre Runde ein.

2006 fand das erste BarCamp in Berlin statt. Ich hatte davon gehört, fand jedoch die Idee einer sich selbst organisierenden Konferenz sehr abstrus. Aber Interesse hatte ich schon. Denn als Quereinsteiger hatte ich schon seit Anbeginn meiner beruflichen Karriere den Wunsch, mich mit anderen Webworkern auszutauschen. Ich wollte wissen, ob ich anders und besser arbeiten könnte und wollte was Neues lernen.

Einen eigenen Stammtisch in Mainz zu organisieren traute ich mich nicht. Keiner kannte mich, ich kannte ausserhalb meiner Agentur niemanden. Wer sollte also kommen und warum?

Der Webmontag in Frankfurt

Als dann in der erste Frankfurter Webmontag stattfand, war das ein glückliches Ereignis für mich. Endlich kam ich mit anderen Menschen ins Gespräch, die auch im und für das Web arbeiteten. Deshalb fand ich die Idee einer Konferenz toll, konnte mir aber nicht vorstellen, dass sie unorganisiert ein Erfolg werden würde.

Der Werbeblogger

Als regelmäßiger Leser des Werbebloggers bekam ich dann im Anschluss des ersten BarCamps, das in Berlin stattfand, von einem zweiteiligen Podcast mit. Patrick Breitenbach hatte sich mit einem Freund über die Eindrücke unterhalten. Allein die erste Folge elektirisierte mich. Denn die beiden unterhilten sich so begeistert und leidenschaftlich über diese Veranstaltung – sicher half dabei auch der Rotwein ein wenig -, dass ich auch ein BarCamp erleben wollte.

Das erste BarCamp in Köln

Nicht allzu lang nach dem Berliner BarCamp fand in Köln das zweite deutsche BarCamp statt und ich nahm teil. Es war eine der prägendsten Erlebnisse in meinem Berufsleben. Ich war wie besoffen am Sonntag Abend von all den tollen Eindrücken und Gesprächen. Der Realitätsschock mit meinen meist nur mässig motivierten Kollegen am darauffolgenden Montag war heftig.

Die Vorstellungsrunde machte uns damals alle locker. Jeder hielt sich an die drei Tags und versuchte nicht, einen kleinen Elevator-Pitch abzuziehen. Alle waren gespannt darauf, was sie erwartete. Ich lernte einiges über für mich abseitige Techniken. So war ich von Timo Derstappens Erläuterungen zu CakePHP so begeistert, dass ich ihn überreden konnte, am zweiten Tag eine Session über das damals sehr neue jQuery einzuschieben. Diese unmittelbare Reaktion auf Teilnehmerwünsche war schon immer die größte Stärke von BarCamps.

Sonntag morgens beim Frühstück sah ich den bekannten Hacker fukami mit dem IT-Chef des Veranstalters einträchtig am Tisch sitzen. Während fukami und sein Kumpel erfolglos versuchten, das WLAN des BarCamps zu hacken, vergrößerte sich das Grinsen des ITlers. Solche Erlebnisse finde ich phänomenal und unvergesslich.

Ebenso unvergesslich war die erste Sonntags-Session: Polizei 2.0. Es handelte sich quasi um eine Vollversammlung, denn es gab nur etwa fünf Personen, die eine parallele Session abhielten. Alle anderen über 100 Teilnehmer sassen in dieser Session, in der uns ein Beamter des NRW-Innenmisteriums erklärte, wie die Polizei im und mit dem Internet umgeht. Es kam sehr schnell zu sehr lebhaften und sehr interessanten Diskussionen.

Nachlassende Begeisterung

Ich habe drei oder vier Jahre lang voller Begeisterung BarCamps überall in Deutschland besucht. Ich habe viel gelernt und viele tolle Gespräche geführt. Für mich waren BarCamps immer wertvoller als jede professionelle Konferenz. Aber das hat sich gelegt. Mit der Zeit traf ich nicht nur immer die gleichen Leute, was ja auch seinen Vorteil hat. Die Themen wiederholten sich auch sehr.

Ich habe immer gerne Sessions selber gehalten und war immer in der Zwickmühle, ob ich nun Neulinge oder Fortgeschrittene vor mir habe. Das weiss man nie. Dieses Dilemma haben alle. Es ist aber schlecht, wenn man jahrelang eigentlich nur mit einführenden Sessions umgeben ist.

Ich reise deshalb nicht mehr unbedingt so weit wie früher, um auf ein BarCamp zu kommen. Ich freue mich auf das jährliche im Rhein-Main-Gebiet, das genügt mir.

Hoffnung

Ich hoffe hingegen eher auf ein DevHouse, wie es das vor vielen Jahren in Köln schon einmal gab. Dabei finden sich vor allem Entwickler zusammen und nehmen sich ein Wochenende für ein Projekt Zeit.

BarCamp muss überarbeitet werden

Denn in meinen Augen ist der Nachteil des BarCamp-Konzeptes, dass in 45-Minuten-Slots gedacht und geplant wird. Wenn ich aber wirklich mal eine Technik erlernen möchte, dann würde mir evtl. ein mehrstündiger Slot weiterhelfen. Das ist leider nicht vorgesehen. Die Idee des BarCamps ist toll, aber Stillstand ist in unserem Metier nicht vorgesehen. Deshalb sollte sich auch das BarCamp-Konzept weiterentwickeln. Ich freue mich schon auf mein nächstes BarCamp, obgleich der Zauber der ersten Jahre verflogen ist. Aber das ist der Lauf der Dinge.