Mein Rückblick auf die Smashingconference

Montag und Dienstag dieser Woche fand in Freiburg die erste „Smashingconference“ statt. Das international zu Recht beliebte Smashingmagazine veranstaltete es am Ort des Firmensitzes. Im Großen und Ganzen war die Konferenz ein voller Erfolg. Innerhalb kürzester Zeit war sie ausverkauft und die Stimmung unter den Teilnehmern war immer gut. Kein Sprecher fiel aus, es kam zu keinen Katastrophen, die man als Teilnehmer mitbekommen hätte. Ich bin nicht von der „awesome“-Fraktion, die kritiklose Begeisterung verbreitet. Ich gewähre eher einen „nüchtern begeisterten“ Rückblick auf zwei hoch interessante Tage.

Alle Vorträge zusammenzufassen sehe ich mich nicht in der Lage. Aber das muss ich auch nicht, denn Brad Frost hat dankenswerterweise viele Vorträge sehr gut zusammengefasst. Die Ergebnisse sind ausnahmsweise wirklich „awesome“, denn man bekommt die wesentlichen Argumentationsstränge und Informationen mit. Leider konnte er seinen Vortrag nicht auch noch mitbloggen.

Ebenfalls lesenswert sind die in kurzen Infoschnipseln zusammengefassten Eindrücke von Tag 1 und Tag 2 auf Smashingmagazine. Ich hoffe, die Vorträge werden bald als Videos ins Netz gestellt und es wird auch die Slides der Vorträge geben. Dann können die auch diejenigen, die leider nicht in Freiburg dabei sein konnten, von so manchem klugen Vortrag profitieren.

Die Vortragenden

Die Liste der Vortragenden liest sich wie ein Who-is-Who der internationalen Webentwickler und -designer. Einzig mit Tim Ahrens konnte ich nichts anfangen. Das liegt aber sicher daran, dass ich mich nicht mit Schriften beschäftige. Allen Vortragenden merkte man die Routine an, mit der sie öffentlich sprechen. Manch einer geriet ins Erzählen und verfing sich darin. Bestes Beispiel war Mark Boulton, der sich in der Vielfalt seiner Beispiele so verfing, dass er leider zu kurz zum zentralen Punkt kam. Auch Andy Clarke ist ein Kandidat für solche Schwafelei.

Manche Vorträge waren brillant, manche waren inhaltlich sehr interessant oder gar informativ. Manche haben für mich persönlich in schöneren Analogien und Worten das Mantra wiedergegeben, das ich selber seit Jahren in Vorträgen immer wieder von mir gebe.

Drei Vorträge waren für mich theoretisch am Nützlichsten, weil sie meine tägliche Praxis betreffen: die von Nicole Sullivan, Jonathan Snook und Lea Verou. Allerdings begeisterte mich einzig der von Lea. Jonathan und Nicole sprachen ohne Verve, Witz und Begeisterung. Snook konnte mir zu der Lektüre seines Buches (SMACSS) nichts entscheidend Neues beitragen und bei Sullivan verstärkte sich nur mein Mistrauen gegen ihr Projekt OOCSS. Ich habe den Eindruck, wir beide denken doch zu unterschiedlich über Code. Lea Verou hingegen begeisterte uns alle mit pfiffigen praktischen Beispielen und einer traumwandlerischen Sicherheit im Livecoding.

Der einzige qualitative Ausreisser war in meinen Augen Oliver Reichenstein. Das war deshalb besonders schade, weil der von ihm mitverantwortete Relaunch von Zeit.de in meinen Augen absolut klasse ist. Endlich mal eine Newsseite, die ich ohne dreimalige Vergrößerung lesen kann und die nicht bis zur Halskrause mit nervtötender Werbung vollgekleistert ist. Reichenstein zeigte kommentarlos zwei längere Videos. Das zweite war wohl eine bearbeitete Version des ersten. Die Tonqualität verhinderte für mich ein halbwegs adäquates Verständnis des „Mad Men“-Ausschnittes. Also verliess ich den Vortrag. Aber nur ein wirklich schlechter Vortrag unter insgesamt 16 ist eine sehr gute Quote.

Veranstaltungsort und Organisation

Der Veranstaltungsort hatte seine Vor- und Nachteile. Das ist aber immer so. Das Gebäude selber ist schön, auch der große Saal verströmte eine tolle Atmosphäre. Leider ist dort aber alles recht eng, weshalb es nicht immer leicht war, zum Kaffee durchzudringen und – gerade bei meiner Statur – den Verkehr nicht zu sehr zu verstopfen, während man etwas trank und sich unterhielt. Die zentrale Lage in Freiburg machte die Suche nach einem Mittagessen recht einfach.

Kaffee, Tee und Getränke gab es den ganzen Tag über reichlich. Leider kann man das von fester Nahrung nicht sagen. Am ersten Tag gab es sporadisch belegte Brötchen, die aber immer sehr zackig alle waren. Am zweiten Tag gab es Brezeln. Da ist bisher jedes Barcamp besser aufgestellt gewesen.

Die Organisation war ansonsten perfekt, was man daran merkte, dass man sie nicht merkte. 🙂 Vitaly Friedman hat sich aus gutem Grund Marc Thiele ins Boot geholt. Marc hat mit der alten Flashkonferenz und der aktuellen Beyond Tellerrand ausreichend Erfahrung, von der offenbar die Veranstaltung profitierte. Hinzu kam ein entspanntes, sehr freundliches Team.

Einziges Manko für mich war das WLAN. Ich habe aber den Eindruck, dass mein Problem eher ein iOS-Feature ist. Ich hatte mir vor einiger Zeit einen iPod touch gekauft, damit ich auf Konferenzen und Barcamps immer einen handlichen Computer dabei habe, ohne mich abschleppen zu müssen oder nur noch eine Hand freizuhaben. Es war nun nicht das erste Mal, dass das iOS ein Problem mit WLANs hat. Und es kann es offenbar schon gar nicht leiden, wenn man sich immer wieder per Webseite einloggen muss – was ich sehr gut verstehe. Ich habe es exakt einmal geschafft, mit dem WLAN zu verbinden. Wie gut, dass ich mein eigenes, mobiles WLAN dabei habe. Allerdings bekomme ich so langsam Panik, wenn ich die kommende Fronteers denke. In Amsterdam hilft mir mein O2-Surfstick nicht weiter. Aber ich überlebe auch mal zwei Tage ohne Internet.

Was bleibt inhaltlich in Erinnerung

Mir bleiben ein paar wichtige Erkenntnisse in Erinnerung.

  1. Jeremy Keith wies in seinem sehr guten Vortrag darauf hin, dass das Web von sich aus zugänglich und responsive ist. Es sind unsere Entscheidungen, die ihm Schritt für Schritt diese Natur nehmen. Deshalb machen wir am Ende unsere Seiten nicht zugänglich oder responsive. Wir kümmern uns eigentlich eher darum, möglichst wenig wider die Natur des Netzes zu agieren. Von dieser Warte betrachtet lässt sich ganz anders argumentieren. Vielen Dank an Jeremy für diese Erkenntnis und diesen Twist.

  2. Auch Designer merken nun endlich, dass Bildbearbeitungsprogramme wie Photoshop für die Erstellung von Layouts im Internet nicht geeignet sind. Alle Designer haben im Grunde dafür plädiert, die Layouts im Browser zu finalisieren. Leider hat nur Stephen Hay einen intensiven Einblick in seinen Workflow gegeben. Einen allumfassenden Vorschlag, wie unser Designworkflow besser werden kann, hat aber leider niemand gemacht. Gestreift wurde das Thema mehrmals. Es besteht also Hoffnung auf Besserung.

  3. Alle Vortragenden gingen davon aus, dass es selbstverständlich ist, dass die Browser nur das zeigen müssen, was sie zeigen können. Ich möchte gerne deren Kunden haben. Insbesondere bei Projekten, die ich mit Agenturen mache, ist immer die Anforderung, dass sich das Layout nach den neuesten Techniken orientiert, die Seite aber im IE7 identisch aussehen soll. Ich bin mir nicht sicher, ob der Denkfehler nur beim Kunden liegt oder ob der auch von den Projektleitern der Agenturen gemacht wird. Ich möchte jedenfalls auch in das Glücksbärchiland, von dem so mancher Vortragender ausgegangen ist. Und holt mich bitte dann nicht daraus ab!

Fazit

Vitaly und Marc haben angedeutet, dass sie die Konferenz wieder ausrichten wollen. Das würde mich sehr freuen. Ich wäre gerne wieder dabei. Einen Wunsch habe ich allerdings für die zweite Auflage: ladet weniger Sprecher ein und macht längere Pausen. Der eine oder andere Vortrag überzog leicht, so dass nur fünf bis maximal zehn Minuten Pause blieben. Ein wichtiger Aspekt solcher Konferenzen ist das Gespräch, ist die Möglichkeit, andere kennenzulernen oder wiederzutreffen. Das fehlte leider. Auch die einstündige Mittagspause liess wenig Zeit für Genuss und Kontaktpflege. Die Hälfte der Speaker hätte vollkommen gereicht, maximal aber zwölf. In meinen Augen würde die Konferenz dadurch gewinnen.

3 Kommentare

  1. Danke für die Zusammenfassung. Wenn ich mal groß bin und auch auf Konferenzen darf, dann steht die „Smashingconference“ zukünftig mit ganz vorn auf der Wunschliste.

  2. Ebenfalls vielen Dank für die Zusammenfassung, und auf der nächsten „Smashingconference“ werde ich wohl auch versuchen, dabei zu sein.

    Jeremy Keith Aussage, „dass das Web von sich aus zugänglich und responsive ist. Es sind unsere Entscheidungen, die ihm Schritt für Schritt diese Natur nehmen.“ trifft den Kern der Sache. Webseiten verlieren ihre natürliche Flexibilität erst, wenn wir sie falsch gestalten [LB1] ;-).

  3. Es gab auch am ersten Tag Brezeln. Hatten aber in etwa die gleiche Halbwertszeit wie die ‚Sandwiches‘ und waren, anders als die Brezeln am zweiten Tag, schon vom Salz aufgeweicht.

    WLAN: Liegt nicht an iOS. Ich hatte auch mein Nexus 7 dabei und das ist genau so oft rausgeflogen wie mein iPhone. WLAN für wirklich viele Leute, die dann, wie hier, auch noch mehr als ein Device mit sich rumtragen, ist immer ne harte Nuss. Am Sonntag im Workshop von Andy Clarke haben wir mit deutlich weniger Leuten auch gleich mal das WLAN im Hotel platt gemacht.