Die ewige Suche nach dem richtigen Editor

Seit 1999 arbeite ich beruflich im und fürs Internet und seitdem habe ich viele Editoren verwendet. Anfangs war die Auswahl begrenzt, aber auch mein Können. So schwankte ich zwischen reinen Texteditoren und WYSIWYG-Editoren. Je mehr ich konnte und wusste, desto weniger sagte mir der WYSIWYG-Teil zu. Trotzdem blieb ich lange bei Dreamweaver, weil er einen tollen Sitemanager hat und er ein wirklich bequemer Codeeditor ist. EIne Zeit lang nutzte ich SCiTE in einer besonderen Actionscript-zentrierten Abart, danach Aptana und Eclipse. Am Ende kaufte ich mir auf Empfehlung von Vladimir Simovic den WeBuilder, was eine sehr gute Entscheidung war.

Als ich zum Mac switchte begann die Suche wieder von vorne. Von vielen Seiten hatte ich Textmate empfohlen bekommen. Nach dem ersten Start fühlte ich mich verschaukelt. Wo waren die Bedienungsleisten, die ich von Windows so gewohnt war? Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mit dem Programm warm wurde, doch mittlerweile mag ich Textmate. Ich war auf die lange angekündigte Version 2 gespannt und sehr enttäuscht. Es fühlte sich schlecht an. Zur gleichen Zeit wurde Sublime gehypt. Doch für mich ist das kein Editor. Die Standardeinstellungen gefallen mir überhaupt nicht und zur Konfiguration muss man im Normalfall eine Textdatei editieren. Das war mir zu bedienerunfreundlich.

Als dann später Coda 2 herauskam war ich sehr gespannt. Die UI sieht interessant aus, nicht so spartanisch wie andere Editoren. Aber die Tatsache, dass keine SASS-Unterstützung mitkam und dass CSS3 nur mit webkit-Prefix geschrieben wird, stiessen mich ab. Wenn ich schon Geld ausgebe, dann für gute und nicht halbfertige Arbeit.

Viele solcher Gedanken und Erfahrungen haben auch die Betreiber des Podcasts „5by5“ geäußert. Sie haben in Folge 87 vor allem intensiv über Textmate 2 geprochen, aber auch über Coda und Sublime. Ich bin vollkommen einverstanden mit deren Einlassungen. Spult bis Minute 26:30 vor, dann wendet sich das Gespräch bis Minute 52:00 um Editoren.

Das Schöne an meinem Job ist, dass ich meine Dateien in vielen verschiedenen Editoren schreiben kann. So werde ich in ein paar Jahren sicher noch ein paar weitere Programme ausprobiert haben. Ich habe über die Jahre viele verschiedene Editoren ausprobiert. Viele hatten ihre Stärken, nur wenige waren für mich absolut ungeeignet. Es gibt kaum ein Thema, das man so wenig objektiv behandeln kann, wie die Auswahl des „richtigen“ Editors. Es ist reine Geschmackssache und eine Frage der Anforderungen. Wichtig ist in meinen Augen nur, dass man gerne mit dem Editor arbeitet und mit ihm zurechtkommt. Ist dies nicht der Fall, sollte man Zeit und eventuell auch Geld in die Suche nach einem besseren investieren. Es ist schliesslich das eigene Arbeitsgerät.

14 Kommentare

  1. Sensationelles Beispiel, wie subjektiv Editoren wahrgenommen werden: Für mich sind die Standardeinstellungen von Sublime Text 2 nahezu perfekt. Ich brauche nur ein paar Packages und habe bisher genau zwei Einstellungen verändert, beide beziehen sich auf die Nutzung des Soda-Themes. 🙂

  2. Jens Grochtdreis

    2. August 2012 um 13:35 Uhr

    Genau deshalb meine ich, dass es niemals „den richtigen“ Editor gibt. Das ist sehr individuell.

  3. Hört sich so an, als ob du momentan mit keinem so richtig zufrieden bist.

    Falls du noch weitere Empfehlungen brauchst:

    Ich benutze an der Arbeit seit einiger Zeit »Espresso« (http://macrabbit.com/espresso/) und bin damit relativ zufrieden.

    Relativ neu mit dem ersten stable Release ist »Chocolat« (http://chocolatapp.com). Hat auch eine relativ spartanische GUI. Was ziemlich cool ist: Er ist kompatibel mit TextMate Bundles und man diese aus dem Editor heraus installieren.

    • Jens Grochtdreis

      2. August 2012 um 14:12 Uhr

      Ich habe einfach nur immer den Eindruck, ich könnte effektiver arbeiten. Aber ich habe selten ein konkretes Bedürfnis. Ich fänd es gut, wenn ich Codesnippets in einem externen Fenster immer griffbereit hätte. Textmate ist ja leider doch sehr spartanisch.
      Espresso hatte ich mir vor längerem auch angeschaut. Ich kann Dir nicht mehr sagen, warum es mir nicht gefiel. Chocolat habe ich noch nicht getestet. Dass es auch Textmate-Bundles kann ist klasse. Leider erfährt man über die Software fast nichts. Die Seite ist sehr schlicht und informationsfrei.

      Ich bin wegen des Podcasts auf das Thema gekommen. Zudem sprach ich letztes Wochenende mit Vitaly Friedman über unsere gemeinsame Manie, nach Optimierungsmethoden für den eigenen Workflow zu suchen. Dazu gehört auch der Editor. Offenbar macht es mir auch Spass, Editoren zu testen. 🙂

  4. Mir reicht normalerweise ein VIM aus 😀

    • Jens Grochtdreis

      2. August 2012 um 14:16 Uhr

      Boah, dann bist Du ein echter Mann!!! Kompilierst Du Dir auch Dein Betriebssystem täglich neu? Mir ist ja schon Textmate sehr spartanisch. Aber ich kenne noch jemanden, der auf VIM steht. Es muss ja was haben. Vielleicht bin ich zu lange mit Windows sozialisiert, als dass ich an VIM Geschmack finden würde.

  5. Hallo Jens,

    magst du vielleicht in einigen Worten auflisten, _was_ dir an TextMate 2 nicht gefällt.
    Ich bin mit der Version 1.5 im Großen und Ganzen zufrieden. Und ja, eine Snippet-Sammlung vermisse ich auch. Und die Suche nach dem perfekten Editor habe ich längst aufgegeben.

    • Jens Grochtdreis

      2. August 2012 um 17:24 Uhr

      Hallo Fritz, es ist zu lange her, als dass ich wüßte, was mir daran nicht gefallen hat. Ich weiss nur, dass ich nicht lange gebraucht habe, um es wieder zu deinstallieren. Das war Ende letzten Jahres.

  6. @Jens,

    das was du beschreibst kenne ich nur zu gut. Deswegen war ich damals froh als ich den WeBuilder gefunden habe. Obwohl auch er nicht perfekt ist.

    Mir gefällt z. B. die Export-Funktion nicht so sehr, da man entweder alles oder nichts exportieren kann. Das ist blöd wenn man z.B. nur die Code-Schnipsel exportieren möchte.

    Mir fehlt momentan ein Code-Editor, der nicht nur eine WYSIWYG-Ansicht bietet (wie z. B. WeBuilder), sondern auch die Möglichkeit, kleinere Anpassungen am Inhalt vorzunehmen.

    Da ich meine E-Books für Kindle im HTML-Editor verfasse, ist es immer sehr anstrengend die Texte zu korrigieren, wenn sie zwischen HTML-Tags „hängen“.

    Und ja: die Auswahl des Editors ist in erster Linie eine Bauchentscheidung.

  7. Der Satz

    Mir fehlt momentan ein Code-Editor, der nicht nur eine WYSIWYG-Ansicht bietet (wie z. B. WeBuilder), sondern auch die Möglichkeit, kleinere Anpassungen am Inhalt vorzunehmen.

    ist ein bisschen missverständlich.

    Ich bräuchte einen Editor, bei dem man auch einen WYSIWYG-Modus hat, wo man zumindest den Text ändern kann. WeBuilder bietet lediglich eine WYSIWYG-Ansicht ohne die Möglichkeit dort etwas anzupassen.

  8. Kenne das sehr gut bin vor 2 Jahren von Dreamweaver über Eclipse auf PHPstorm gewechselt. Schau die den Editor mal an. WYSIWYG bekommt man ja über den Browser und Firebug. Bei Dreamweaver vermisste ich immer eine funktionierende Integration von SVN und Ticketsystemen wie Jira.
    Da ich beruflich und privat Mac und Windows benutze ist mir wichtig, dass es den Editor auch für beide Systeme gibt.

    http://www.jetbrains.com/phpstorm/

  9. Oh je, das leidige Editor-Thema. Ich habe auch schon gefühlt das halbe Editor-Universum durch, sowohl unter Windows als auch Mac OS (X).

    Mit Textmate war ich lange zufrieden, bis ich CSSEdit entdeckte und ich dessen Funktionalität in Textmate zu vermissen begann. So arbeitete ich lange im Mischbetrieb, was mir aber auch öfter mal auf den Keks ging. Mit großer Vorfreude stürzte ich mich deshalb auf Espresso und die Enttäuschung war groß. Ich dachte Textmate hat Maßstäbe gesetzt, woran sich von da an alle neuen Editoren messen werden. Und das war/ist bei Espresso leider nicht der Fall. Die Editor-Funktionen waren und sind leider recht spartanisch. Ähnlich enttäuschend war und ist aus dieser Perspektive auch Coda.

    Da ich aber vor allem viel mit CSS hantiere, bin ich auf Espresso mit seiner Live-Ansicht hängen geblieben, die sich mir immer mehr als Zeitersparnis erwies. Denn da setzt Espresso weiterhin Maßstäbe und ich war sehr verwundert, dass Coda 2 das nicht bietet. Zudem nervt da noch, dass es pro Quelltext eine separate Browser-Vorschau gibt und keine globale. Bei mir beziehen sich meist mehrere Dateien auf eine URL/Vorschau.

    Sublime Text fand ich sehr interessant, aber ich werde überhaupt nicht warm mit dem Teil und kann nicht mal genau erklären warum, abgesehen von der fehlenden Browser-Vorschau. TextMate 2 ist bislang zwar nicht die Offenbarung, aber ich nutze ihn immer noch viel, wenn ausgefeilte Bearbeitungen nötig sind. Und um größere Textdateien mit Regulären Ausdrücken zu verarbeiten setze ich immer wieder auch TextWrangler ein, weil der besser mit großen Dateien klarkommt und deutlich schneller beim Suchen&Ersetzen ist. Aber da hat sich bei Textmate 2 ja auch viel getan.

    Snippets verwalte ich wegen den wohl nie endenden Editor-Tests unabhängig mit der Snippets App, vor allem wegen Synchronisation über Dropbox und Fileservern.

    Nun hat mich dieser Artikel allerdings auch gleich wieder neugierig gemacht. Chocolat kannte ich noch nicht und mir gefällt da z. B. dass man die Codevervollständigung nicht direkt mit dem Cursor-Tasten verlässt, als dass die Tab-Taste z. B. weiter die Parameter anspringt. Zudem bin ich auf Vico gestoßen. Der Entwickler hat zwar schon aufgegeben, aber im Gegensatz zu Textmate wurde als Konsequenz der Editor nun Open Source.

    Mit den mehr Projekt-orientierten Editoren wie Aptana oder NetBeans werde ich auch nicht warm, die sind mir zu zäh und aufgeblasen und vor allem hässlich.

  10. Ich suche einen Editor, der mir visuell hilft Dinge zu verknüpfen. Eine art UML-Editor mit dem ich geschriebene Module grafisch verknüpfen kann. Ich finde „Text“ zu coden eigentlich recht altbacken und uneffektiv. Zu soetwas sollte man nur greifen, wenn man ein Modul schreibt.

    Es ist ja mittlerweile so, das es für jedes Problem Plugins, Codeschnipsel oder Module gibt. Das effektive zusammensetzen dieser Komponenten ist aber meist recht umständlich und uneffektiv.

    Ich hatte mir schon tools gebaut in dem ich JS/HTML/CSS Schnipsel in einer Datenbank pflege (fein säuberlich getrennt), die aber im Frontend als ein „Modul“ nutzbar/zusammensetzbar sind.

    Also meiner Meinung nach müssten Development tools komplett anders aussehen/funktionieren, als sie das momentan tun. Aber was will man machen, ausser selber machen.

  11. Nein, ich kompiliere ganz sicher nicht jeden Tag mein System neu…

    So viel Nerd bin ich dann nicht. Ich arbeite unter Windows mit Notepad++ und in seltenen Fällen auch mit Aptana. Das muss sich dann aber lohnen.

    VIM kann ich unter Linux Gnome und Linux Console halt mit den gleichen Einstellungen einfach benutzen. Und ich habe den ganzen Tag eine Putty-Session zu einem Server offen…

    Ist also eher praktisch gedacht.

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