Mein Rückblick auf das WordCamp 2010

Am 3. Juli 2010 fand das WordCamp2010 in Berlin statt. Ich war schon beim ersten WordCamp in Hamburg dabei, ließ aber das zweite in Jena aus. Ich möchte einen inhaltlichen und formalen Rückblick wagen, auch anhand meiner Erfahrungen mit zahlreichen Barcamps.

Das WordCamp2010 in Berlin war als eintägige Veranstaltung organisiert. Eine ungewöhnliche Sache, vor allem wenn man berücksichtigt, daß der Veranstaltungsort Berlin zwar immer zieht, für die meisten Besucher aber doch sehr abseits liegt. Eine Anreise am Vortag ist eigentlich immer geboten. Durch ein zwangloses Kennenlernen-Treffen im Brauhaus-Mitte war das für jeden auch ein Gewinn. Aber der Sonntag hinterließ ein seltsames Gefühl. Es fehlte einfach der zweite Tag.

Die Organisatoren riefen mehrfach dazu auf, Sessionvorschläge schon frühzeitig auf der Webseite anzukündigen. Aus den Vorschlägen wurde dann ein vorläufiger Sessionplan gezimmert. Das ist eine prima Sache, um sich inhaltlich einzustimmen und um eventuell den Chef zu überzeugen, daß ein Besuch eine gute Idee wäre. Denn will man sich eine Konferenz bezahlen lassen kommt es immer besser, mit konkreten Plänen zu winken als mit der Idee, daß sich alles schon von selber gut regulieren werde. Die Vorläufigkeit dieses Plans hatte aber offenbar nicht jeder verstanden, denn Michael Jendryschik wurde von einem Teilnehmer auf das Übelste beschimpft, weil er seine Session um eine Stunde verlegte, um nicht gegen Vladimir Simovic anzutreten, dessen Session ihn selber interessierte. Da hatte jemand offenbar die Dynamik eines Barcamps nicht begriffen.

Die Sessions

Der Tag begann für mich mit einer Session von Vladimir Simovic. Er sprach über Performancebremsen bei WordPress-Blogs. Anfangs dachte ich, ich würde zum wiederholten Male die allgemein bekannten Erkenntnisse hören. Doch recht schnell schwenkte Vlad von den allgemeinen Regeln zu sehr spezifischen Erkenntnissen um. Immer mit einer Prise Humor gab er viele praxisrelevante Tips. Ich hoffe sehr, daß er die Überarbeitung seiner Folien bald fertig hat, daß er sie öffentlich zur Verfügung stellen kann. Bis dahin lohnen sich auch seine Blogartikel über Performance.

In der nächsten Session sprach Michael Jendryschik über media-queries. Ein sehr neues und sehr interessantes Thema, dem wir uns sicherlich in nicht allzu ferner Zukunft häufiger widmen werden. Auch wenn die IEs bis inklusive Version 8 mit media-queries nichts anfangen können, sind sie doch eine prima Möglichkeit, um modernen Browsern und vor allem Browsern auf Smartphones kontextabhängige Styles zu liefern. Die gewählten Beispiele waren klasse und haben Lust auf eigene Experimente gemacht.

Vor der Mittagspause ließ ich mir von Thomas Boley seine Template-Engine TempELA erläutern. Gedacht ist die Engine nicht für ganze Themes, sondern für Plugins und Widgets. Sein Bestreben nach sauberem Code kann ich natürlich nur unterstützen.

Nach dem Mittagessen gab uns Sylvia Eggerts Session eine Analyse des Stands der Barrierefreiheit im aktuellen WordPress 3.0-Standardtheme. Man kann ihre Erkenntnisse wohl so auf den Punkt bringen: das neue Theme führt die Barrieren des alten fort. Das Theme weist wenige Barrieren auf, aber an den Farbkontrasten wie an der Visualisierung der Tastaturnutzung könnte noch gearbeitet werden. Alles in allem finde ich die Ausgangslage aber richtig gut.

Bevor das WordCamp zu Gunsten des WM-Spiels gegen Argentinien unterbrochen wurde, wohnte ich noch der Session von Michael Preuß bei. Michael zeigte sein Theme-Framework, das auf Basis von YAML entstanden ist und ab WordPress 3.0 laufen wird. Ich bin sehr gespannt darauf, es zu testen. Mit Hilfe dieses Frameworks kann man sich sein YAML-basiertes Layout im Prinzip im Backend zusammenstellen. Selbst wichtige Plugins liefert Michael in eigener Machart mit. Das Framework hat nicht nur mich, sondern auch den neben mir sitzenden YAML-Vater Dirk Jesse so begeistert, daß wir über die Diskussion mit Michael den Anstoss des Spiels ignorierten. Das erste Tor konnten wir so nur in der Wiederholung bejubeln.

Nur ein Tag

Das WordCamp 2010 war als eintägige Veranstaltung konzipiert. Das ist sehr schade. Die meisten werden von weither gekommen sein – Berlin ist schließlich am Rande Deutschlands – und hätten einen zweiten Tag gut nutzen können. Denn eine Übernachtung war ja sowieso drin. Aber auch das Thema gibt viel Stoff her und ein zweiter Tag, vielleicht sogar mit Praxisworkshops, wär sinnvoll und schnell gefüllt gewesen.

Die Location

Ich war sehr gespannt, als ich hörte, wir würden in einer Coworking-Area tagen. Das Konzept finde ich klasse und habe auch schon einiges über die Frankfurter Coworking-Area gehört. Ich hoffe, nicht alle Coworking-Areas sind so, wie das Betahaus. Das Gebäude hatte den Charme eines vor etwa 20 Jahren verlassenen Lagerhauses, das notdürftig von ein paar Hausbesetzern wieder hergerichtet wurde. Für die Tagung selber war mir das allerdings herzlich egal.

Allerdings fehlten in den oberen Räumen und im Foyer eindeutig Mikrofone und Lautsprecher. Die Vorstellung der Sessions war bei mieser Akkustik und zu lauten Teilnehmer größtenteils gar nicht zu verstehen. Bei Vlads Session hätten die doppelte Anzahl Stühle stehen dürfen. Platz wäre genug gewesen. Der Verzicht auf Tische führte zumindest dazu, daß sich weniger Menschen nebenbei noch am Rechner betätigten.

Verpflegung

Ein Barcamp und so auch das WordCamp ist eine kostenlose Veranstaltung. Dementsprechend schraube ich meine Erwartungen niedrig. Zwar hatten meine letzten Barcamps alle eine geniale Verpflegung morgens und den ganzen Tag über, aber ich erwarte dies nie. Das WordCamp bot kein Frühstück, also nahm ich das meines Hotels in Anspruch. Allerdings hätte es etwas Leckeres im Betahaus gegeben. Es wurde leider verabsäumt, dies zu kommunizieren. Ich hätte lieber dort als in meinem Hotel das Geld gelassen.

Etwas ungünstig war die Verpflegungssituation in der Mittagszeit. Der Schnell-Vietnamese, den ich mir mit anderen aussuchte war lecker, aber nicht schnell und etwa 5 Minuten Fußweg entfernt. So kam ich mindestens 10 Minuten zu Sylvias Vortrag zu spät.

WLAN

Die Versorgung mit Internetzugängen ist auf Barcamps immer wieder ein leidiges Thema. Da ich meinen Surfstick im Hotel vergessen hatte, betraf die Unterversorgung auch mich. Es gab einige wenige Glückliche, die von Anfang an Internetzugang hatten. Im Laufe des Tages sollte sich die Lage gebessert haben. Mich interessierte das nicht mehr. Ich stellte fest, daß es viel mehr Spaß macht, den Vortragenden zuzuhören und mit ihnen zu sprechen, als dauernd zu twittern.

Diskussionsfreudigkeit

Alle von mir besuchten Sessions wurden immer wieder von Fragen und Bemerkungen der Teilnehmer bereichert. So sollte es sein, es sollte ein offener Dialog entstehen. Ich fand diese Offenheit und das Engangement aller Teilnehmer sehr angenehm und bereichernd.

Sessionplan

Anfangs wurde der immer aktuell gehaltene Sessionplan auf die Wand im Foyer per Beamer geworfen. Dank des schlechten WLANs war dies für die meisten die einzige Möglichkeit, auf den Plan zuzugreifen. Vier von fünf Räumen befanden sich im vierten Stock. Dort gab es aber leider keinen Plan. Der Aufzug wiederum war sehr langsam und es gab für alle 200 Teilnehmer auch nur diesen einen Aufzug. Nach einer Session herunterzufahren oder zu laufen um danach dann wieder den Weg zurück anzutreten ist aber keine tolle Idee.

Nach dem Mittagessen wurden im Foyer die Stühle für die Fußballübertragung aufgebaut und der Beamer wurde für das Fernsehbild eingerichtet. Dadurch gab es nach dem Mittagessen keinen Sessionplan mehr für mich. Das war sehr bedauerlich.

Fazit

Ich habe viele Kleinigkeiten gelernt, habe ein paar interessante Menschen kennengelernt oder wiedergetroffen. Deshalb wäre ich bei einem erneuten WordCamp dabei. Egal wo es stattfinden wird, abgeterennte Räume mit nicht allzu schlechter Akkustik und zusätzlich Mikrofon/Lautsprecher sollten drin sein. Das WLAN sollte genügend Nutzer vertragen und der Sessionplan auch mal in nicht-digital vorliegen, damit man nicht von Strom, Rechner, Internetzugang und Beamer abhänging ist

1 Kommentar

  1. Hallo Jens,
    wir haben vier Sessions gemeinsam besucht. Da habe ich die Möglichkeit Deines Rückblicks mit meiner eigenen Wahrnehmung und meinem Rückblick ( http://www.webseiten-infos.de/rueckblick-wordcamp-2010/ ) zu vergleichen.

    Mein Eindruck: Sehr ähnliche Wahrnehmung der Sessions, ansonsten unterschiedliche Schwerpunktsetzung. Dies dürfte insbesondere darauf zurückzuführen sein, dass Du schon über eine große BarCamp-Erfahrung verfügst, während es für mich mein erstes BarCamp war.
    Beste Grüße
    Dieter