Webseiten sind keine Gemälde – Vortrag vor Studenten

Am 6. November durfte ich am Frankfurter SAE-Institut den Studenten etwas über die Praxis der Webentwicklung erzählen. Ich habe einen großen Bogen gespannt, von der grundsätzlichen Natur des Internet über Detailprobleme bis zur Barrierefreiheit. Der Vortrag dauerte dreieinhalb Stunden.

Zwischendrin entspannen sich immer wieder interessante Dialoge. Studenten wie diese sind meine Hoffnung für ein besseres Web in den nächsten Jahren. Denn sie lernen alle Aspekte der Webentwicklung kennen: programmieren im Backend, schreiben Frontend-Code und designen selber. Sie erkennen nicht nur dadurch ihre eigenen Stärken und Schwächen, sondern lernen auch die Sichtweise der anderen „Gewerke“ kennen. Sie bekommen einen Einblick, der den meisten meiner bisherigen Kollegen leider fehlte.

Ich würde mich freuen, an gleicher oder ähnlicher Stelle einen ähnlichen Vortrag halten zu können. Noch mehr würden mich praktische Übungen freuen, in denen ich den Studenten meine Sicht der Dinge praktisch erklären könnte.

5 Kommentare

  1. Sowas hätte ich gerne im Studium gehabt. Wenn auch bei uns (Wirtschafts-)Informatikern der Designpart eine eher untergeordnete Rolle gespielt hätte… Nun ist’s zu spät 😀

    Es gab eine Marketing-Vorlesung, in der eine Website für ein real existierendes Unternehmen gebaut werden sollte. Vorgabe war eine statische(!) Website mit einer klaren Struktur unter Berücksichtigung von Technik und Marketing. Nielsen und andere Usability-Experten wurden in der dazugehörigen Vorlesung fleißig zitiert. Das Ergebnis waren viele Joomla-Installation mit vordefinierten (tabellenbasierten) Templates. Ich hab mich nachher ausgeklinkt, das war mir einfach zu blöd…

    Meiner Erfahrung nach sind Webstandards in informatiklastigen Studiengängen (oder auch Ausbildungen) noch nicht angekommen und generell wird HTML stiefmütterlich behandelt. Klar, der Fokus liegt auf Programmiersprachen. Um aber nochmal auf mein Beispiel zurückzukommen: HTML wurde in 90 Minuten abgehandelt, CSS als Schriftenformatierung angesprochen, und mit Tabellen kann man ganz tolle Sachen machen… Die Joomla-Templates waren ja schon fertig. Hab mir gerade nochmal die Vorlesungsunterlagen angeguckt, da fällt mir einfach nichts mehr zu ein… 😀

  2. Ja, ich denke, da haben wir noch eine Menge zu tun. Ich kann keine Erfahrung aus erster Hand beisteuern, höre aber Erzählungen wie Deine häufiger. Offenbar müssen wir erstmal die Lehrer und Dozenten informieren und fortbilden. Das ist eigentlich eine erschreckende Erkenntnis, oder?

  3. …aber meiner Meinung nach nicht allzu verwunderlich. Gerade bei uns habe ich gesehen, dass die Professoren schon lange an der Universität sind. Sie waren mit Sicherheit als eine der ersten „am Internet dran“, haben sich das Wissen seinerzeit angeeignet und leider ist es dabei geblieben.

    Das ist in gewisser Hinsicht vielleicht in Ordnung (ihr Fokus liegt woanders -> Programmiersprachen, server-seitige Techniken), nur muss ich mir bewusst sein, dass das Wissen, das ich weitergebe schlichtweg hoffnungslos veraltet ist (um nochmal die Vorlesungsunterlagen zu erwähnen).

    Externe Experten waren in meinem Studium in Spezialbereichen keine Seltenheit. Für sowas Triviales wie HTML ist das aber sicherlich völlig übertrieben… 😉

  4. Bei den Webkrauts, beim Web Standards Project und bei einigen Unternehmen (Opera, Yahoo, Mozilla etc.) gibt es externe Experten, die liebend gerne an Unis zeitgemäße Praktiken lehren würden oder es zum Teil bereits tun.

    Uns fehlt oft nur a) der Kontakt zu den Entscheidern auf Uni-Ebene und b) das Verständnis, dass Frontend-Entwicklung aufgrund der unbekannten Clientkonfiguration in der „schwierigsten vorstellbaren Entwicklungsumgebung“ (Doug Crockford) agiert, also beileibe nicht trivial ist. Darüberhinaus können mit XHTML die Grundlagen für das Verständnis von XML gelegt werden, Barrierefreiheit hat große Überschneidungen mit Usability und Entwicklung für mobile Endgeräte etc.

    Wenn Ihr also an so einer Uni seid oder wart und einen guten Draht zu einem Prof habt, rennt Ihr bei Jens und vielen anderen offene Türen ein.

  5. Das »trivial« war pure Ironie, bitte nicht missverstehen…

    Diese Gedanken vermute ich jedoch in den Köpfen vieler Professoren im Bereich der Informatik. Am SAE-Institut, an dem Jens diesen Vortrag hielt, herrscht offenbar eine andere Meinung darüber vor, da hier ja ganz offensichtlich Webentwickler im Speziellen und nicht Informatiker im Allgemeinen ausbildet werden.