Idealerweise sollte schon bei der Konzeption einer Webseite eine genaue Vorstellung über die Inhalte vorliegen. Denn schliesslich bestimmt am Ende der Inhalt die Sinnhaftigkeit von Designideen. Wenn wir von Anfang an wissen, dass Überschriften in Teasern immer zwei- wenn nicht gar dreizeilig auf dem Desktop sein werden, kann der Designer passend drauf reagieren. Auch eine horizontale Navigation lebt von der Länge der Navigationspunkte. Details wie der Autorenname eines Artikels oder eines Kommentars wirken anders, wenn es sich um kurze oder lange Namen handelt.

Doch leider sieht die Realität meist anders aus. Der Kunde möchte erst einen Designentwurf sehen, damit er sich vorstellen kann, wie die Texte geschrieben werden müssen. Umgekehrt wäre es besser. Aber ich habe bislang nur visuell orientierte Kunden getroffen, niemals inhaltlich orientierte.

Deshalb ist es an uns – den Designern, Konzeptern und Frontendentwicklern – dieser falschen Grundhaltung mit der nötigen Kreativität zu begegnen. Das beginnt damit, dass wir nicht mehr „Lorem Ipsum“ als Blindtext nutzen. Bei deutschsprachigen Entwürfen gibt er ein falsches Bild. Denn schliesslich zeichnet sich die Deutsche Sprache durch lange Worte, viele Worte mit Unterlängen und Umlauten aus. Dies alles bietet „Lorem Ipsum“ nicht. Es ist hilfreich für Webseiten von Lateinkursen oder englischsprachigen Seiten. Für deutschsprachige Angebote bieten sich die Blindtexte des Blindtextgenerators an, der auch Versionen in Französisch, Englisch, Spanisch, Italienisch, Tschechisch und Russisch hat. In jeder Version gibt es neben den unterschiedlichen reinen Blindtexte diese auch in HTML-Snippets gepackt, die man sich dann einfach mit einem Klick in die Zwischenablage holen kann. Wer sein Design – und vielleicht auch seinen Kunden – einem kleinen Stresstest unterziehen will, der kann dies mit Don Martin Ipsum tun.

Wenn sich unser Kunde noch nicht sicher ist, welche Navigationspunkte die Seite zieren sollen, ist ein Entwurf mit „Link 1, Link 2 …“ nicht sonderlich hilfreich. Trotzdem sieht man so etwas immer wieder. Neben der Übernahme der aktuellen Navigationspunkte lohnt es sich, mindestens ein größeres Wort in die horizontale Navigation einzuschleusen. Ich habe einen Narren an „Arbeiterstrandbadstraße“ gefressen, einem Straßennamen aus Wien. Auch „Grundschleppnetzfischerei“ ist gut. Oder aber die Variante mit Bindestrich: „Grundschleppnetz-Fischerei“. Wie wäre es mit „Kunst & Kultur“ oder „Schleppschwellenbremsprellbock“ ? Solche Begriffe sind auch prima für kreative Überschriften. Denn die setzen sich selten aus kurzen Worten zusammen. Wer sich so richtig die Zähne ausbeissen will, dem sei das „Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz“ empfohlen. Das Gesetz hiess dann später „Gesetz zur Übertragung der Aufgaben für die Überwachung der Rinderkennzeichnung und Rindfleischetikettierung“ oder in der Kurzform „Rinder­kennzeichnungs- und Rindfleisch­etikettierungs­überwachungs­aufgaben­übertragungs­gesetz“. Das sind alles prima Test-Überschriften, die die Realität simulieren. Lokalpatrioten könnten auch bayerische Schimpfworte nutzen.

Ebenso wichtig sind passende Namen in den Layouts. „Dieter Müller“ ist schön knapp, aber nicht die Regel. Bei internationalen Seiten sollte zudem immer mit bedacht werden, dass in anderen Kulturen die Nachnamen schonmal dreiteilig sein können. Wie wäre es denn zum Anfang mal mit „Servatius Hörnebrecht Stiegelmeier“? So heisst laut Käptn Blaubär der Mann im Mars. Auf der Seite UI Names kann man sich mehrere Vorschläge für Namen machen lassen. Hinter einem der unbeschrifteten Buttons befindet sich dabei die Option, die Namen aus einem bestimmten Land zu selektieren. Zudem kann man sich auch gleich mehrere Namen vorschlagen lassen. Eine „María de Lourdes Carmona“ stellt das Design dabei eher auf die Probe als eine „Julia Schmidt“.

Und last but not least sind Platzhalterbilder immer wieder wichtig. Zum einen kann man für sich selber schauen, ob bestimmte Motive zum gewählten Design passen. Zum anderen kann man durch eine leicht provokante Auswahl den Kunden dazu bringen endlich die eigenen Bilder zu liefern. Hat er sie noch nicht geliefert, sind entweder uninteressante Farbflächen, Pizzabilder oder Weltall-Bilder Teil des Designs. Ich habe eine umfangreiche Liste empfehlenswerter Platzhalterbilderdienste erstellt.

Allerdings soll nicht unerwähnt bleiben, dass ihr bei Blindtext und Platzhalterbildern immer aufpassen solltet, damit diese nicht im Endprodukt verbleiben (oder hier und hier und hier und hier oder auch hier). Auch von Korrekturschleifen für Lorem Ipsum wurde mir schon berichtet.