Entenhausen und fast alle wichtigen, dort handelnden Personen – so sie nicht zu Micky Maus gehören -, verdanken wir einer Person: Carl Barks. Der lange Zeit nur als „der gute Zeichner“ bekannte Barks erfand zwar nicht Donald selber, ihm verdanken wir aber Dagobert, Daniel Düsentrieb, Gustav Gans, Tick, Trick, Track und viele mehr. Und eben Entenhausen, das im Original „Duckburg“ heisst.

Erika Fuchs

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde ein Übersetzer für die neuen Micky Maus-Comics gesucht. Die Wahl fiel am Ende auf Erika Fuchs, die keine Beziehung zu Comics hatte, aber eine Betätigung suchte. Ein Leben nur als Frau an der Seite eines Industriellen und Ingenieurs war ihr zu wenig. Sie lebte zudem in Schwarzenbach an der Saale und somit weit weg von etwas, das sich Stadt und Leben nennen lies.

Die Leistung von Erika Fuchs ist nicht hoch genug anzusetzen. Sie genehmigte sich bei der Übersetzung eine gewisse Freiheit. Sie übersetzte nicht wörtlich und addierte so manche Neuschöpfung oder Referenz an klassische Literatur hinzu. Dafür wird sie noch heute hoch verehrt, nicht nur von Donaldisten. So stammt von ihr der berühmte Spruch „Dem Ingeniör ist nichts zu schwör“, sie fügte Schiller- oder Goethe-Zitate in die Geschichten ein. Sie arbeitete so aktiv gegen die vor allem in den 50ern hart formulierte Kulturkritik gegen den vermeindlichen Schund (Comics).

Fuchs machte aus „Duckburg“ das berühmte „Entenhausen“. Viele Ortsnamen oder Personen entnahm sie für die Übersetzungen aus Schwarzenbach oder dessen Umgebung. Man kann also mit Fug und Recht Entenhausen in Schwarzenbach an der Saale verorten. Passenderweise haben die Schwarzenbacher auch das Denkmal des Gründungsvaters von Entenhausen, Emil Erpel, in die Saale platziert. Eine tolle Geste und ein beeindruckendes Denkmal, das sich später auch in der Ausstellung wiederfindet.

Denkmal von Emil Erpel, dem Gründer von Entenhausen

Denkmal von Emil Erpel, dem Gründer von Entenhausen

Eine der bedeutenden Beiträge zur (Comic-)Kultur durch Erika Fuchs ist die intensive Nutzung des Inflektivs, scherzhaft auch „Erikativ“ genannt. Hierbei werden Verben verkürzt. So entstehen neue, lautmalerische Gebilde. Aus „Quietschen“ wird „quietsch“, aus „Seufzen“ ein herzerweichendes „seufz“.

Das Museum wird initiitert

Der Beitrag von Erika Fuchs zur Verbreitung von Donald Duck in Deutschland kann nicht hoch genug bemessen werden. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass sich Donaldisten bemüssigt fühlten, die Einrichtung eines ihr gewidmeten Museums anzustossen. Seit Mitte 2015 existiert dieses nun in Schwarzenbach an der Saale. Ich habe es Anfang März besucht und war hin und weg.

Der Ort selber ist nicht gerade ein Touristenmagnet, aber adrett und interessant. Überall im Zentrum stehen Plastiken. Der Ort scheint künstlerisch angehaucht zu sein. Das Museum selber ist ein recht normales Haus, das erstaunlich viel Platz bietet. Neben der Dauerausstellung zu Erika Fuchs und Entenhausen gibt es einen Raum für Wechselausstellungen.

Das Museum

Bevor man die Dauerausstellung betritt wird man durch einen Raum gelotst, dessen Tür sich alle paar Minuten öffnet. In diesem Raum bekommt man in wenigen Minuten in einem sehr gut gemachten Film die Entwicklungsgeschichte der Comics erklärt. Ein toller Film, der sich auch für Sammler wie mich lohnt.

Danach kann man Entenhausen erobern. In einem großen Raum werden einzelne Schlaglichter der Metropole an der Gumpe in großen Konstruktionen nachgebaut. Man sieht die Skyline, Omas Bauernhof von aussen, kann einen Blick in Daniel Düsentriebs Haus werfen. Man sieht den Geldpeicher und kann in dessen Talern baden. Zusätzlich gibt es interessante Interviews mit einem Donaldisten und eine Umgebungskarte von Entenhausen, die man auf einem riesigen Touchinterface erkunden kann.

Im nächsten Raum wird mit Hilfe eines Comics die Lebensgeschichte von Erika Fuchs dargestellt. Der Stil des Comics gefällt mir nicht, aber ich wollte natürlich mehr über meine Heldin wissen. Die Geschichte ist sehr informativ wiedergegeben.

Es folgt dann ein sehr großer Raum, in dem der Umgang mit den Texten im Vordergrund steht. Es werden Szenen mit literarischen Zitaten gezeigt, man kann sich mit einer Sprechblase fotografieren lassen. Die Herausforderung dabei ist, die passende Mimik zum Text zu finden. Es gibt Panelvergrößerungen, in die man selber Text eingeben kann. Besonders spannend fand ich zwei kleine Räume: im ersten soll man versuchen, das amerikanische Original zu übersetzen. Man bekommt danach die Fuchssche Version zum Vergleich gezeigt. Im zweiten soll man versuchen, lautmalerische Panels zu vertonen. Ein Spaß für Groß und Klein.

Am Ende des Museums befindet sich ein Lesesaal, in dem nicht nur Donald-Comics zum Lesen einladen. Ich traf dabei auf einige Bücher und Hefte aus meiner Sammlung. Sollte man also noch Kraft übrig haben, ist dieser Lesesaal dafür geeignet, den Rest des Tages zu füllen.

Dieses Museum spricht fast alle Sinne an (es fehlen Gerüche). Es ist lehrreich und dabei spannend und unterhaltsam. Es ist eine Ode an Carl Barks, Erika Fuchs, Entenhausen und die Neunte Kunst (Comics) im Allgemeinen. Es ist auf alle Fälle für jeden, der ein wenig mit Donald Duck anfangen kann, eine Reise wert. Es ist schade, dass das Museum so weit abseits aller Routen liegt. Ich wünsche den Machern, dass es gut besucht wird. Vielleicht kann es ja auch noch wachsen oder eine Aussenstelle bekommen. Es gäbe noch viel zu zeigen und zu erzählen in Sachen Comics. Ein grandioser Anfang ist jedenfalls gemacht. Klatsch, klatsch, klatsch!