100% beim Acid3

Heute morgen überschlugen sich in Twitter die Meldungen darüber, daß WebKit (Safari) und Opera in den aktuellen Entwicklerversionen den Acid3-Test des Webstandards Projects geschafft hätten. Acid3 testet die Unterstützung vieler bislang in Browsern ignorierter HTML, CSS und DOM-Details. Eine genaue Dokumentation der Tests habe ich im Gegensatz zu Acid2 nicht gefunden – ich würde sie mir aber auch nicht gerne durchlesen 🙂 .

In einem größer angelegten Test listet Steve Noonan die Erfolgsquoten der unterschiedlichen Browser auf. Es verwundert nicht, daß der IE in jeglicher Versionsnummer abgeschlagen ist. Aber die Art und Weise verblüfft doch sehr. Als Nutzer finde ich den IE7 bislang ganz angenehm (obgleich er eine fürchterliche Oberfläche hat). Daß der IE7 allerdings nur 12% des Acid3-Tests schafft, im Gegensatz zu 52% des aktuellen Firefox 2.0.12, das verwundert mich doch sehr. Ich hatte eine geringere Distanz erwartet. Interessant ist, daß der IE5.5 knapp besser als der IE7 abschneidet und die Verbesserung zum IE8 sich gerade mal in 6% ausdrückt. Ich denke, Microsoft sollte nochmal von vorne anfangen und eventuell neue Entwickler einstellen. In Redmond wird man sicherlich beredt die Irrelevanz dieses Tests zu begründen versuchen. Aber der Qualitätsabstand zwischen den Browsern ist doch enorm.

Als Entwickler können wir diese Differenz in der Qualität leider nur interessiert hinnehmen, denn wir können nur wenig dagegen tun. Natürlich können wir im privaten Umfeld für gute Browser werben. Das nützt allerdings in Firmennetzwerken nichts, in denen die Admins aus Bequemlichkeit auf den IE setzen. Dort wurden oftmals ganze Intranets auf eben jenen IE zurechtgeschneidert, weshalb ein Umstieg auf einen richtigen Browser umso problematischer wird. Wir müssen wohl weiter damit leben, für gute und für schlechte Browser Seiten zu entwickeln. Leider werden die schlechten Browser nicht in dem Maße besser, wie Microsoft es verspricht. Ich halte auch nichts von Ideen, dem IE eine gespiegelte Seite oder gar keine zu geben. Das sind maximal Spielereien für private Webseiten, aber nicht für den Praxiseinsatz. Ich kann die Nutzer des IE nicht für die Nutzung dieses Browsers verteufeln. Ich kann versuchen, sie aufzuklären. In Firmen bringt allerdings auch dies nichts.

Dirk Jesse weist allerdings zurecht daraufhin, daß bei allem Stolz auf die 100% im Acid3-Test zumindest die Opera-Entwickler noch einen entscheidenden Bug zu fixen haben. Opera interpretiert Zahlen nur als ganze Zahlen, nicht als Fließkommazahlen. Dies führt bei den von Dirk präferierten elastischen Layouts zu großen Problemen. Wenn man drei Container mit jeweils 33.33% nebeneinander platziert, dann ergeben sich in allen Browsern (auch im IE) 99.99% (also eigentlich 100%). Nur Opera macht aus 33.33% runde 33% und in Summe 99%, was zu ungewünschten Lücken führt.

Daraus ergeben sich für mich folgende Schlußfolgerungen:

  1. Wir benötigen einen Test, der reale testbedingungen abbildet.
  2. Acid4 kann kommen.
  3. Auch die guten Browser sind nicht hundertprozentig.
  4. Das W3C sollte demnächst seine Empfehlunegn deutlicher verfassen. Das betrifft weniger den hier berichteten Fall, als bspw. das Verhalten von Formularelementen.

Trotz Dirks Einwand bleibt für mich unter dem Strich übrig, daß die Entwicklung der Browser zu besserer Qualität unvermindert voranschreitet. Mittlerweile gibt es dahingehend nur noch drei Gruppen, die ein richtig gutes Web behindern:

  1. Microsoft, deren neuester Browser auch wieder Lichtjahre hinter den anderen Browsern herhechelt.
  2. Wir Nutzer, die wir oft zu faul oder uninformiert sind, als daß wir dem IE den Laufpaß geben würden/könnten.
  3. Die Admins in den großen Firmen, die den IE zum Standard erhoben haben.

Das Web ist ein junges und dynamisches Medium. Die Chancen stehen gut, daß wir in fünf Jahren über diese Probleme nur noch lächeln. Darauf hoffe ich fest.

10 Kommentare

  1. Ich froher Dinge. Das Wettrennen der Browserentwickler den ACID3-Test zu bestehen, ist nur zu unser aller Vorteil. Ganz gleich, was der ACID3 an nachvollziehbaren Resultaten liefert. Dass Microsoft mit dem IE8 so extrem schlecht abschließt buche ich persönlich unter die Kategrie „War ja klar“. Bei Microsoft wird sich so schnell nichts ändern. Der Konzern ist einfach zu träge und deswegen auch kein Player im Web.

  2. Naja, es ist schwer für einen Browser, der kein SVG kann in einem Browsertest, der auf SVG-Fähigkeiten testet gut abzuschneiden. Die Punktzahl x von 100 ist übrigens grob irreführend. Es kann durchaus sein, dass ein Browser, der weniger Punkte hat besser ist als ein anderer.

    Microsoft wird mit dem IE8 eine ganze Menge an Rückstand wettgemacht haben, sechs Jahre Stillstand aufzuholen ist nicht leicht. Und auch, wenn der IE noch viel Luft nach oben hat, so ist Microsoft mittlerweile dazu übergegangen zwei Treppenstufen auf einmal zu nehmen. WAI-Aria-Unterstützung ist beispielsweise ganz ausgezeichnet.

    Mit dem IE9 dürfte CSS3 für die breite Masse kommen sowie HTML5, vielleicht als Schmankerl SVG (und damit auch der ACID3-Test). Erst dann dürften wir einen IE erwarten, der auf dem Niveau der anderen Browser ist,

  3. Mit dem IE9…

    Ja der IE 9, 10 oder 11…

    Das Problem ist, dass auf Grund der nach wie vor hohen Verbreitung des IE 6, dieser die Bremse darstellt und die gültigen Grenzen im Webdesign festlegt. Gleichzeitig fehlt bei den meisten Webdesignern der Mut, den IE 6 zumindest teilweise zu ignorieren, Webseiten komplett für moderne Browser zu entwickeln und für den IE 6 gerade noch so nachzuarbeiten, dass eine Seite nicht völlig unbedienbar ist.

    Wer das beruflich macht, kann meist auch gar nicht anders, aber in allen anderen Fällen ist es der Status Quo: Die Nutzer des IE 6 sehen keinen Grund sich einen neuen Browser zuzulegen, denn die Webseiten funktionieren ja alle. Die Webdesigner trauen sich nicht, den IE 6 zu ignorieren, weil sie befürchten, dass niemand mehr ihre Seiten ansurft o.ä.

    Jedenfalls kann morgen schon der IE 27.0 kommen, so lange der IE 6 stark auf dem Markt vertreten ist, bringt der Forschritt der anderen Browser gar nichts. Der Prozess wird sehr langwierig sein, es gibt heute noch viele, die auf Kompatibilität zu IE 5 und 5.5 achten.

    Man müßte das Ganze irgendwie mehr anstoßen, durch einen regelmäßigen IE6-Kill-Day o.ä. oder für einen begrenzten Zeitraum eben doch Banner mit „Diese Seite wird im IE 6 fehlerhaft angezeigt. Bitte verwenden sie einen neueren Browser.“

    In Europa sind wir da etwas weiter, aber als ich neulich in den Kommentaren zum endgültigen Netscape-Ende las, wie viele Amis da zum IE 6 wechseln wollen… alter Schwede, da wird Zeit aber richtig relativ.

  4. Chris Wilson vom IE-Team kommentierte vor zwei Wochen in Austin den Acid3-Test. Er findet ihn gut und wichtig, aber Fakt ist, daß sie Prioritäten setzen müssen. Acid3 testet teilweise wirklich absurd unrealistische Szenarien, da muß ich zustimmen, daß es wichtiger ist, einige nervige Bugs zu beheben. Welche das sind müssen wir ihnen sagen.

    Zudem hat das IE-Team bereits neu angefangen: die Rendering-Engine des IE8 ist komplett neu. Chris schilderte, daß seine Aufgabe bei der Einstellung so beschrieben wurde: Er habe zehn Jahre, um die Fehler der vergangenen zehn Jahre auszubügeln. Man sollte ihnen eine Chance geben, denn ich finde es bemerkenswert, ein IE-Team zu haben, das Standardkonformität endlich als oberstes Ziel erklärt hat.

  5. Jens Grochtdreis

    28. März 2008 um 0:12 Uhr

    @Martin: Sicher hat Chris Wilson hehre Ziele und meinetwegen sind auch ein paar gute Entwickler im Team. Aber die Ergebnisse sind in Anbetracht der Größe der Firma und der Bedeutung der Software doch niederschmetternd.

    Microsoft redet gerne davon, das Web nicht kaputtmachen zu wollen und deshalb abwärtskompatibel sei zu müssen. Dabei haben sie das Web doch mit ihrem lange nicht weiterentwickelten Browser erst kaputt gemacht. Der IE6 war zum Zeitpunkt seiner veröffentlichung gut. Aber das ist Internet-Jahrhunderte her.

    Ja, wir sollten den Jungs eine Chance geben. Aber es fällt mir schwer, in Anbetracht der Schuld, die sie auf sich geladen haben, um mal pathetisch zu werden. Netscape hat damals die Reißleine gezogen und dies auch so kommuniziert. Microsoft scheint auch die Reißleine zu ziehen, aber sie kommunizieren dies nicht. Sie haben Angst davor auch außerhalb der Entwickler-Community zuzugeben, daß sie Mist gebaut haben.

    Und andere Abteilungen von Micorsoft scheinen dies noch nciht begriffen zu haben. Wie sonst kommt man auf die Idee, Word als HTML-Rendering-Engine in Outlook 2007 einzubauen und so nun wirklich das Web im Teil „HTML-Newsletter“ kaputt zu machen?

    Microsoft ist ein großer Laden, der an uns allen viel Geld verdient. Sie sind prima darin, eigene Standards zu erfinden und immer haarscharf an den allgemeinen Standards zu bleiben. So lange sie das Internet als allgemeines Kommunikationsmedium ignorieren und es nur als Teil ihres Portfolios verstehen, so lange kritisiere ich sie.

    Ein großer Teil unserer Arbeit als Frontend-Entwickler geht für die Sonderbehandlung egal welcher IE-Version drauf. Daran ändern auch die schönen blauen Augen von Chris Wilson und die tollen Sprüche aus Redmond nichts.

    Auf die praxisferne des Acid3-Tests habe ich selber hingewiesen. Wir haben leider keinen praxisnäheren zur Zeit. Und das wird auch leider länger so bleiben.

  6. Großer Laden == langsamer Laden.

    Das ist überall so, nicht nur bei Microsoft.

  7. Aber Jens, was erwartest du denn? Nach dem IE6 gab es für lange zeit (wenn ich mich richtig erinnere 3 oder 4 Jahre lang) kein IE-Team. Das wurde erst für den IE7 (wieder) zusammengestellt.

    Der IE7 ist ein Riesenfortschritt, vor allem, weil man auf der veralteten Rendering-Engine des IE6 aufbauen musste (man hatte ja sonst nix). Dann den Umstieg auf eine neue Renderingengine zu wagen ist für MS ein großer Schritt, gerade in Anbetracht, dass der IE ein wichtiges Anzeigetool auch innerhalb des Betriebssystems ist. Acid3 schafft man nicht von heute auf morgen, vor allem, wenn andere Dinge auf der Tagesordnung wichtiger sind. Er ist ja auch erst einen Monat alt, Firefox unterstützt in Version 3 erstmals (in einer Nicht-beta-version) den 3 Jahre alten Acid2-Test. Das könnte man auch als langsam bezeichnen.

    Ich bin mit einem IE8, der ein verlässliches und vollständiges Set an CSS2.1 hat viel mehr interessiert als ein IE, der vielleicht auch Acid 3 versuchen will. Es ist ein klarer Schritt des IE-Teams zu sagen, dass sie CSS3 nicht unterstützen. Ich hoffe, und glaube, aber, dass mit der neuen Rendering Engine es möglich ist innerhalb eines Jahres CSS3 „nachzuliefern“, wichtig ist erst einmal ein stabiles Fundament, das ist gut für uns und für Microsoft.

  8. Acid3 ist sicherlich eine wundervolle Idee, um Browser weiterzuentwickeln – da kommt derzeit vom W3C einfach viel zu wenig.

    Bleibt die Frage, warum Microsoft (immer) so schlecht abschneidet. Der IE muss immer auch rückwärtskompatibel sein, denn er ist die Grundlage für ganz viele Anwendungen, die seit IE5 die Browser-Engine nutzen. Sprich: Da hängen unzählige Partner-Unternehmen, Software-Lösungen und so weiter dran – ganze Wirtschaftsbereiche basieren auf dieser veralteten Technik.

    Mozilla hatte es da leicht: Dort hat man einen harten Schnitt nach Netscape 4 vollzogen und neu angefangen. Ganz neu. Dieser Prozess ging schneller als von vielen erwartet und ist erfolgreicher verlaufen als erhofft. Microsoft wird es nicht so leicht haben und – sorry wenn ich die Erwartungen dämpfen muss – aber auch ein IE8 wird nur begrenzt aufholen, denn die anderen Browser-Hersteller entwickeln sich und ihre Produkte ebenfalls weiter. Und während man beim IE8 dann am Service-Pack 1 arbeitet ist man andernorts schon wieder eine Oase weitergezogen.

    Die vielen Beiträge hier und andernorts zum Thema IE gegen den Rest der Welt zeigen es doch ganz klar: Wir haben wieder eine Wettbewerbs-Situation unter den Browser-Herstellern. Klar: Einen IE5 zu unterstützen macht bei unter 2% Marktanteil keinen Sinn mehr. Einen IE6 muss man aber noch unterstützen, in 2 Jahren sieht aber auch das schon ganz anders aus. Es bleibt eine spannende Entwicklung und ich freue mich schon auf den nächsten Acid-Test, an dem sich wiederum die Geister scheiden werden und der wieder die gleichen Diskussionen lostreten wird.

  9. Ich finde die Diskussion hier in dem Kommentaren interessanter als den Artikel selbst (dessen Inhalt ich schon fast wieder vergessen habe xD).
    Sehr interessante Meinungen dabei und irgendwie haben die paar Kommentare mich hier gerade etwas zum umdenken bewegt.

  10. 1. wenn man so auf webstandards plädiert, was ich gutheiße, sollte man selber aber auch auf eine saubere programierung achten. 99.99 Prozent sind keine 100 Prozent. 99,9 Periode 9 wären es.
    2. Wie realer soll ein Acid-Test denn noch werden? Wirklich JEDE Kleinigkeit, jedes einzelne Detail einbauen, das man als Browserentwickler falsch interpretieren könntew wäre wohl etwas zuviel verlangt.
    3. Lichtjahre ist eine Angabe für Entfernung, nicht für die Zeit. Damit ein Browser besser wird, muss (Entwicklungs-)zeit vergehen, keine Entfernung zurückgelegt werden.

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