Eine Geisterseite zum Relaunch

Seit ein paar Monaten lesen ich sehr gerne Achim Schaffrinnas „Design Tagebuch„. So erfahre ich immer wieder von Relaunches, die mir sonst entgangen wären. Ich bekomme zudem eine Designerperspektive geliefert, die ich mir selber nicht schaffen kann. Da Achim Designer ist, achtet er umgekehrt nicht zwangsweise auf den Code. Dies habe ich schon ein paar wenige Male dazu genutzt, meine Entwicklersicht zu den meist mißglückten Relaunches zum Besten zugeben.

Diesmal bin ich über einen Relaunch gestolpert, der ein besonderes „Code-Feature“ besitzt, voillkommen abseits meiner geliebten „Semantik vs. Layouttabellen“-Diskussion. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung hat einen Relaunch hinter sich. Die Optik finde ich sehr ansprechend. die Herangehensweise (um nicht „Konzeption“ sagen zu müssen) finde ich auch gelungen, schließlich werden viele Bereiche in Reitern zusammengefaßt. Ich finde das – ohne an Barrierefreiheit zu denken – ein Plus an Usability und Übersichtlichkeit. So stelle ich mir eine moderne Newsseite vor. Um nicht mißverstanden zu werden: das ist nicht revolutionär neu, aber man sieht es selten.

Nun denkt ein halbwegs gebildeter Frontendentwickler wie ich bei einer solchen Oberfläche gleich an Javascript, denn nur damit kann man das Aus- und Einklappen sowie die Reiteroptik hinbekommen. Nun gibt es aber vor allem Firmen, deren Sysadmins noch immer „Javascript ist böse“ als Mantra vor sich hinbeten und dieses für alle Clients unterbinden. Bitte, lieber Leser: schalte Javascript aus und gehe auf die Hannoversche Allgemeine Zeitung. Sehr übersichtlich, oder? Kann es sein, daß die ausführende Agentur in Sachen modernem Javascript noch einen großen Nachholbedarf hat? Oder ist etwa der Auftraggeber in irgendeiner Form selber dran Schuld? Schade drum. Wieder hat ein Auftraggeber viel Geld in den Sand gesetzt, denn ohne Not wurde ein Teil der potentiellen Gäste ausgeblendet.

12 Kommentare

  1. Wer JavaScript deaktiviert hat, sollte es aber vor allem in „Web 2.0-Zeiten“ recht schwer haben, oder?

  2. Ist es normal, dass man bei ausgeschalteten JavaScript nichts mehr sieht?!

    @Markus: Was hat Web 2.0 mit JavaScript zu tun?

  3. Ohne Javascript das absolute Maximum an „Whitespace“. Das ist doch fein! Und vor allen Dingen mal in einer Tageszeitung keinerlei schlechte Nachrichten… 😉

  4. Vorallem im Safari (Mac) kann man garnichts lesen, da sich die Texte alle überlagern, denn die Begrenzungen und die Scrolleigenschaften für die Boxen sind nicht vorhanden.

  5. Wenn man die Stylesheets gleich mit ausschaltet, bekommt man wenigstens die Inhalte wieder zu Gesicht. Allerdings gibt es da leider keine nachvollziehbare Struktur. Neben 17 H1-Elementen gibt es keine weitere semantische Auszeichnung, die eine Orientierung auf der Seite bieten könnte.

    Also doch lieber mit Styles, dann gibt es wenigsten ausreichend „Raum für Ihre Notizen“. 😉

  6. Wenn man die Stylesheets gleich mit ausschaltet, bekommt man wenigstens die Inhalte wieder zu Gesicht.

    Kann ich mit Seamonkey nicht nachvollziehen, ich bekomme so oder so eine weisse Seite.
    Unabhängig davon, woran das nun liegt ist das mal wieder ein schönes Beispiel an Webmüll, den die Welt nicht braucht.

  7. Naja, mit über 500 Fehlern im Validator wundert mich ja ehrlich gesagt gar nix.

  8. Schön geschrieben, Jens.

    Und natürlich haben die meisten Besucher JavaScript aktiviert. Aber selbst wenn es nur ein halbes Prozent ist, das die Seite nicht betrachten kann (und nichtmal einen „Fehler“-Meldung bekommt), ist das zuviel.

    Ansonsten, um nicht immer nur zu meckern: Schon recht hübsch anzusehen (mit JavaScript meine ich).

  9. Was hat Web 2.0 mit JavaScript zu tun?

    Die wegbereitenden Seiten des Web 2.0 (und nicht nur die) verwenden JS ohne Ende. Insofern ist die Aussage schon richtig. Mit Web 2.0 ist zwar kein JavaScript-Web gemeint, aber in der Praxis ist es das.

    Abgesehen davon, ist es natürlich ohne weiteres möglich, die Seiten so umzusetzen, daß sie auch mit deaktiviertem JavaScript bedienbar bleiben.

    Aber wie hier schon erwähnt, bei dem Markup und den Qualen für den Validator ist es ohnehin egal.

    Kommt in die Top 5 der Bookmark-Liste für Negativ-Beispiele.

  10. Schöner Artikel, werde mich in nächster Zeit auch mal auf dme Design Tagebuch tummeln.
    Das Design ist ansprechend, aber das ist ja echt nen ding mit dem JS.
    Ürbigends arbeitet die Seite auch ziemlich lahm, ein hover-effekt der 2-3 Sekunden braucht, hat irgendwie seinen sinn verfehlt.

  11. Genial! Ich finde das Ausschalten des Javascripts hat sogar schon etwas spirituelles. Einfach «nichts», «nada», «Nirvana».

  12. Hannover scheint ein gespaltenes Verhältnis zu JavaScript zu haben:

    1996 habe ich in einer Schulung die offizielle Site von Hannover (www.hannover.de) im Netscape 2.0 gezeigt, bei dem JS vom FirmenNetzAdmin deaktiviert worden war. Alles was die Teilnehmer im Browser sahen war ein kleiner Hinweis von wegen JS einschalten oder neuen Browser downloaden.

    2001 benutzte der (inzwischen veränderte) Webauftritt einiger Sparkassen JS zur Generierung der Navigation (Ohne JS keine Navi). Ironischerweise wurde man auf der Site aufgefordert, zum Homebanking aus Sicherheitsgründen JS auszuschalten. Leider kam man dann nicht mehr hin, zum Homebanking.

    Und 2007 jetzt die Hannoversche Allgemeine …