Und noch ein Kongress: die next07

Kaum habe ich das insprirende Barcamp hinter mir gelassen, folgt der nächste Kongress. Mein Arbeitgeber – SinnerSchrader – wagte eine Fortsetzung der erfolgreichen „next10years“ des letzten Jahres: next07. Das Team um meine Kollegen Martin Recke und Mark Pohlmann (Mattes Schrader soll auch ziemlich viel gemacht haben) stemmte eine beeindruckende Veranstaltung, die dank zahlreicher Sponsoren erst überhaupt möglich wurde.

Die next07 drehte sich thematisch um die Marke und den Konsumenten. Hat der Konsoment in Zukunft die Macht über die Marke, das Produkt? Hat er das vielleicht jetzt schon? Teilweise entspann sich ein recht theoretischer und abgehobener Marketingsprech, der mir nicht unbekannt, aber nicht lieb ist. Besonders die Abschlußdiskussion war unterhaltsam, aber doch ein wenig transzendental.

Doch von vorne: nach zwei Vorträgen mir bis dato unbekannter Größen aus Marketing und Zukunfstforschung ging es in parallel stattfindenden Sessions weiter, die Themen wurden konkreter. Einführend gaben Prof. Bolz und Bernd M. Michael sehr launig und unterhaltsam einen Überblick über die Thematik und das vermalledeite Web 2.0. Beide waren nicht immer von Sachverstand geküßt, unterhaltsam und bedenkenswert waren ihre Thesen auf alle Fälle.

Viele Sessions hatten schon in ihren Titeln eine gesunde Basis für ein gepflegtes Bullshit-Bingo gelegt, der Vortrag von Gregor Hochmuth hatte auch das Potential, alle fünf Minuten von einem lauten „Bullshit!“ unterbrochen zu werden. Und obwohl er ganz offensichtlich einige sachliche Fehler in seinem Vortrag hatte, dies focht ihn in seiner Überzeugung nicht an. Ich fand seinen Vortrag trotzdem anregend. Auch bedenkliche Thesen und falsche Behauptungen können zum Nachdenken anregen.

Leider waren die Sessions von Katharian „Lyssa“ Borchert und später Nico Lumma nicht ganz so erhellend. Nico Lumma präsentierte sehr launig sein neues Web 2.0-Projekt und blieb den Nachweis schuldig, daß Shoppero mehr sein wird, als eine hübsche Kombination aus ciao.com und dem Amazon-Partnerprogramm. Er behauptete auf meine Nachfrage sehr wohl, daß Shoppero mehr werden würden, aber mehr als eine Behauptung war dies nicht. [Übrigens: Silke Berz hat Shoppero ausgiebig getestet.] Ich gebe zu, die Frage war sehr zugespitzt und ich sehe durchaus ein, daß Shoppero nicht das überraschend neue Konzept sein muß, es kann auch eine intelligente Kombination aus Altbewährtem darstellen. Eine weniger lässige Selbstdarstellung hätte diesen Punkt besser herausstellen können. Ibrahim Evsan von Sevenload beherrscht dies sehr gut. Diesmal konnte ich ihm leider nicht lauschen.

Und Katharina Borchert verpaßte leider mit mit Bildblogger Stefan Niggemeier die Chance, die tieferen medienpolitischen Implikationen des Projektes „WestEins“ hervorzuheben. Sie lies im zweiten Teil der Session ein paar Bemerkungen fallen, die zum spannenden Kern deuteten, mehr nicht. Wir werden im Laufe dieses Jahres (den Sommer halte ich für sehr ambitioniert und unrealistisch) sehen, inwiefern die WAZ durch den eigenen Reifen springt, den Regionaljournalismus sukzessive zu revolutionieren. Ich denke, Frau Borchert hat das intellektuelle Potential dazu, es blitzte sehr versteckt in ihrer Session auf. Entscheidend wird aber sein, wie lange ihr der Rücken frei gehalten wird oder ab wann die beharrenden Kräfte sich erfolgreich über sie hermachen werden. Mich hätte viel mehr als die fast schüchterne und obeflächliche Darstellung des Projektes interessiert, ob und wie man bei der WAZ einen Medienwandel sieht und befördert. Immer wieder werden künstliche Barrieren und Vergleiche zwischen Journalisten und Bloggern aufgenaut. Meist von Journalisten, die keine Ahnung von der Materie haben, dafür umso mehr Vorurteile und Ängste. Frau Borchert arbeitet als leidenschaftliche Bloggerin mitten unter traditionellen Journalisten. Da wird sie doch wohl Konfliktlinien, Lösungswege und Zukunftsperspektiven benenn können.

Die Veranstaltung hatte auch zwei Highlights für mich zu bieten. Frank Wagner von nugg.ad führte einen sehr leidenschaftlichen Kurs durch unterschieldiche Formen der Werbung und wagte einen Blick in die Zukunft des Internet. Seine Firma hat sich dem (Achtiung: Bullshit!!) „Behavioral Targeting“ verschrieben, ja sogar dem „Predictive Behavioral Targeting“. Die Idee dahinter ist sehr einleuchtend: das Internet beiett uns im Gegensatz zum Print die Möglichkeit, Inhalte zu indivualisieren. Warum sollte man diese Stärke nicht nutzen, um damit auch Werbung zu individualisieren? Es proklamierte den Schritt weg von globalen Bannerkampagnen hin zur konkreteren Ansprache.
Ich kann ihm da nur beipflichten. In meinen Augen ist der überzeugende und wichtige Punkt bei der Sache, daß man endlich anfangen sollte, die Stärken und Eigenarten des Mediums Internet zu nutzen. Sein Vortrag war leidenschaftlich, unterhaltsam, informativ und inspirierend. Ich werde mal auf den nächsten Barcamps nach ihm und seiner Truppe Ausschau halten.

Eine ganz andere Kategorie war da Sören Stamer, der Gründer von Coremedia. Er sprach nicht über Technik oder neue Projekte, sondern über Firmenkultur. Er sprach von „Enterprise 2.0“, vom Absägen der starren Hierarchien, von neuen Projektabläufen, Diskussionskulturen. Ich fand seinen sehr persönlichen Vortrag unheimlich spannend und freue mich darauf, ihn demnächst als Video noch einmal nachvollziehen zu können. Denn das ist das Tolle: alle Vorträge wurden mitgefilmt und sollen bei Sevenload demnächst erscheinen.

Von der anschleißenden tollen Party und dem Event selber gibt es bei Sevenload und Flickr eine Menge Bilder. Ich freue mich schon auf die next08, die es hoffentlich geben wird.

1 Kommentar

  1. […] möchte ich mich nur kurz bei den Veranstaltern für die gelungene Organisation des next07 Kongresses, sowie bei allen Sprechern recht herzlich bedanken! […]