Vor kurzem kam Michael Jendryschiks „Einführung in XHTML, CSS und Webdesign“ als Buch bei Addison-Wesley auf den Markt. Das Buch ist die überarbeitete, gedruckte Version einer Webseite – einer Einführung, die ich schon seit Jahren immer wieder interessierten Anfängern und Fortgeschrittenen empfehle. Doch macht es Sinn, eine Webseite als Buch zu verkaufen? In diesem Falle ja. Michael behandelt sein Thema so grundsätzlich und breitgefächert, daß man seine Erklärungen gerne häufiger zu Rate zieht. Ich persönlich bevorzuge sowieso Bücher bei komplexeren Themen, da ich diese auch ohne einen Computer im Zug oder im Bett lesen kann. Buch und Webseite – die demnächst auf den inhaltlichen Stand des Buches gebracht werden soll – können sich dabei ergänzen.
Das Buch ist inhaltlich ein Rundumschlag. Michael konzentriert sich nicht auf die Erläuterung von (X)HTML und CSS. Er behandelt auch grundsätzliche Fragen wie „HTML mit oder ohne X?“, Browsertypen oder die unvermeidliche Entwicklungsgeschichte des Web. Man lernt etwas über Mime-Types, Doctypes und Zeichencodierung. Auch nützliche Hilfsmittel wie Editoren, Linkchecker oder Validatoren werden besprochen. Erst nach einem Drittel des Buches (etwa 140 Seiten) kommt Michael zu XHTML, später dann zu CSS.
Die Wiedergabe der Standards führt parallel zur Entwicklung einer Beispielseite, anhand der das Gelernte vertieft wird. Das Buch driftet dabei nie in eine Referenz ab. Immer wieder – vor allem bei CSS – gibt es Hinweise aus der Praxis, also bezüglich der Unterstütung seitens der Browser. Michael pflegt eine kühle, distanzierte, ja fast wissenschaftliche Sprache. Das Buch ist durchaus flüssig und gut zu lesen, es eignet sich aber in meinen Augen nicht für Anfänger. Michael definiert gerne und gut. In meinen Augen verhilft diese Herangehensweise zu Klarheit. Doch nicht jeder mag dieses Herangehensweise und ich kann mir gut vorstellen, daß Anfänger sich davon nicht angesprochen fühlen. Fortgeschrittene und Profis sollten aber gerade deshalb zu diesem Buch greifen. Selten habe ich eine so kompakte, klare und veständliche Darstellung selbst komplizierter Probleme gelesen. Vor allem: das Buch regt zum Denken an, es macht auch Grundlagen des Webdesigns klar.
Das Buch ist nicht umfassend, aber es bringt auf gut 450 Seiten einen fundierten Rundumschlag um Webentwicklung mit einer sehr guten Vertiefung in den Bereichen XHTML und CSS. Ich werde mich allerdings nie an den Begriff „Floatieren“ gewöhnen können, den ich bislang nur bei Michael las. Abseits der Standards und des Grundsätzlichen fehlen mir allerdings noch ein paar Basisinfos aus der Praxis. Angesichts des umfangreichen ersten Teils hätte Michael durchaus auch Conditional Comments besprechen können, die leider mit keinem Wort erwähnt werden. Es werden hingegen mehrere Varianten von CSS-Hacks besprochen. Auch die Beschreibung von Floats finde ich zu kurz, es fehlt eindeutig an Beispielen und wichtigen Hinweisen über schwerwiegende Bugs des IE im Zusammenhang mit Floats. Auch auf positioniseverything.net wird in diesem Buch nicht hingewiesen. Ebenso fehlt die Thematisierung von „hasLayout„.
Das Ausblenden dieser Aspekte der Praxis angesichts des ansonsten sehr umfangreichen sonstigen praxisnahen Anfangs ist mein einziger Kritikpunkt an diesem sehr empfehlenswerten Buch. Es gibt in meinen Augen nicht DAS Buch für Webentwickler, dafür ist unser Arbeitsgebiet zu komplex. Deshalb sollte ein jeder Profi und am besten auch die fortgeschrittenen Hobbyisten mehrere Bücher zum Thema ihr eigen nennen. „Einführung in XHTML, CSS und Webdesign“ von Michael Jendryschik gehört eindeutig zu den Büchern, die man besitzen sollte, wenn man es ernst meint mit der Webentwicklung. Es ist informativ, anregend, gut und exakt geschrieben. Zudem macht das schöne und durchdachte Layout die Orientierung innerhalb des Buches leicht und das Lesen zu einem Genuss. Was will man mehr?
Nachtrag: eine sehr interessante und viel ausführlichere Rezension dieses Buches bietet das immer empfehlenswerte SELFHTML-Blog.
16. März 2007 um 0:37 Uhr
Hehe, an »floatieren« habe ich beim Lesen auch immer wieder Anstoß genommen. 😉 Floats im Praxisgebrauch für Spaltenlayout schien mir auch recht kurz. Das ist natürlich ein extrem weites Feld, über das man, ohne über die Basics hinauszukommen, locker noch 50-60 Seiten hätte schreiben können, wenn ich so an meinen Artikel Grundlagen für CSS-Spaltenlayout denke. Der Verweis auf YAML kam da recht schnell.
16. März 2007 um 1:27 Uhr
Vielen Dank für deine alles in allem sehr positive Rezension. Du kannst dir sicher vorstellen, wie gern ein Autor so etwas über sein Werk liest, an dem er mehrere Monate (oder wohl eher Jahre) gearbeitet hat. 🙂
Dass meine Art zu schreiben relativ kühl und sachlich sei, habe ich jetzt schon mehrfach gehört und gelesen. Nun, offenbar ist da etwas dran; das scheint wohl mein Schreibstil zu sein. Dass dies jedoch möglicherweise den Zugang für Anfänger erschweren könnte, hat mich allerdings doch überrascht. Schließlich ist das Buch primär an Anfänger adressiert, und sollte ich sie durch meinen Schreibstil wirklich abschrecken, wie du glaubst, so wäre dies äußerst bedauerlich. Dann sollte ich mich bemühen, dies in der nächsten Version meiner Einführung zu ändern (wenn mir das möglich ist).
Den Begriff »Floatierung« habe ich übrigens von Klaus Langenberg übernommen. Seine Anmerkung am Ende von http://thestyleworks.de/ref/float.shtml hat mich überzeugt, und so habe ich dieses Vokabular aufgegriffen. Dass die Anwendung von ‚float‘ zur Realisierung von Spaltenlayouts in meinem Buch viel zu kurz kommt, sehe ich genau so. Aber in der Tat hätte ich nicht viel tiefer gehen können, ohne unverhältnismäßig zu werden und den Umfang des Buches zu sprengen. Daher kann ich jedem Anfänger nur empfehlen, mit meiner »Einführung in XHTML, CSS und Webdesign« anzufangen und danach direkt mit Dirk Jesses Buch »CSS-Layouts« weiter zu machen. Ich kenne keine zwei anderen Bücher, die sich so gut ergänzen, wie diese beiden. 🙂
Liebe Grüße,
MI
16. März 2007 um 10:46 Uhr
Ich habe schön öfters mal überlegt, ob mir dieses Buch zulege… nun tue ichs! Danke Jens!
Und es sieht so aus, dass danach gleich noch eins folgt (Dirk Jesses »CSS-Layouts«). Danke Michael!
19. März 2007 um 17:09 Uhr
Vielleicht ist das genau das Richtige für mich also einen CSS Anfänger. Auf jedem Fall ist diese Rezension hilfreich und Viel besser wie diese von Amazonseiten. Danke für die Zusammenfassung.
Gruß
Chris.